ALBERT-LASARD, LOU
ALBERT-LASARD, LOU
1885
1969


Im Auftreten schillernd, vom Naturell her exzentrisch, war Lou Albert-Lasard der Mittelpunkt einer jeden Künstlerszene: in München und Ascona, Berlin und Paris, woran sich auch der Pariser Modephotograph Willy Maywald noch viele Jahre päter Lebhaft erinnert hat: "Lou Albert-Lasard, eine der Freundinnen von Rainer Maria Rilke, hatte damals viel Erfolg in Paris. Man sah sie oft im "Café du Dôme" mit ihrer Tochter, der schönen Ingo. Man konnte sie nicht übersehen, denn sie war eine der extravagantesten Erscheinungen, die ich je in meinem Leben gesehen habe. In rote Fuchspelze gehüllt, trug sie auf ihren brandroten Haaren die ausgefallensten Hüte, etwas aus Moos oder ganz aus Hahnenfeder".


Ausstellung
Biografie  

 

ARNDT, GERTRUD
ARNDT, GERTRUD
1901
2000

 

„Als ich nach Weimar kam (1923), konnte niemand photographieren. Die einzige, die photographieren konnte, war Lucia Moholy, die hatte es gelernt. Und ich auch. Ich konnte ja photographieren.“ (Gertrud Arndt, Darmstadt 1993)

Wer im Bauhaus zur Kamera griff, war von dem maschinellen Zauber fasziniert, Realität und Gestaltung oder wie die Bauhäusler selbst sagten Kunst und Leben auf neue Weise zu verbinden. In Kellern und Badezimmern wurden behelfsmäßige Dunkelkammern eingerichtet und wer nicht mit der billigen 9 x 12 cm Box fotografierte, sparte, um sich den Luxus einer Voigtländer, einer Ermanox oder von 1925 ab eine handliche Leica leisten zu können.

Es ging um die Lust der Entdeckung, nicht um das Ergebnis, so dass ein großer Teil der Fotografien sofort auch wieder verworfen wurde. Sie fotografierten nebenbei und vor allem aus Spaß. Die Welt mit neuen Augen zu sehen, dafür standen die neuen technischen Apparate wie die Fotokamera und der Film. Gertrud Arndt hat sich ein Leben lang an den ungeheuren Eindruck erinnert, den Eisensteins Filme durch die ungewohnten Perspektiven und die Nahaufnahmen hinterließen. „Die Nahaufnahmen waren es, die uns an Potemkin so faszinierten“. (1993)

1903 in im oberschlesischen Ratibor geboren, überrascht die Bauhäuslerin Gertrud Arndt mit einem ungewöhnlichen Lebensweg. Von der Avantgarde der Zwanziger Jahre fasziniert und ein Leben lang geprägt, geht sie – für eine Frau ihrer Generation eine Ausnahme - in Erfurt zu dem Architekten Karl Meinhardt in die Lehre. Hier kam sie zum ersten Mal mit Fotografie in Kontakt: Sie ging dem Architekten zur Hand, der für ein Dokumentationsbuch die Architektur der Stadt zu fotografieren hatte – für beide ein ungeübtes Terrain.

1920 nimmt Gertrud Arndt mit einem Stipendium die Ausbildung am Bauhaus Weimar auf. Sie will Architektin werden und findet einen Kurs für Baulehrer vor. Wohl nicht ganz aus freien Stücken, wechselt sie dann aber in die Werkstatt für Weberei. Der Architekturbereich war für Frauen nicht vorgesehen ebenso wie ihnen auch der Zugang zur Metallwerkstatt nicht möglich war.

Publikationen A-E
Ausstellung
Biografie

ARNOLD, URSULA
ARNOLD, URSULA
1929
2012

 

Die Photographin Ursula Arnold (1929-2012) gehört zu den wichtigsten Nachkriegs-Photographinnen und Photographen in der DDR. Neben Evelyn Richter und Arno Fischer, die gerade in den letzten Jahren an Bekanntheit gewannen, ist das Werk Ursula Arnolds noch unbeachtet.

Mit dieser umfassenden Einzelausstellung, beginnend in den Räumen des Vereins DAS VERBORGENE MUSEUM und einem angegliederten Teil in der Galerie "argus fotokunst", Berlin, sollen nun der Öffentlichkeit die Arbeiten der Photographin mit begleitender Publikation vorgestellt werden. 

Ursula Arnold (1929-2012) ist mit der Photographie aufgewachsen. Ihr Vater, der Photograph Walter Musche betrieb in Gera ein Atelier. Die Tochter Ursula absolvierte ihre praktische Ausbildung in Weimar bei Harry Evers, einem Schüler von Walter Hege. Im Anschluß daran stand 1950 ihre Entscheidung, an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig das weiterführende Studium aufzunehmen, zur Vervollkommnung und um als freie Photographin tätig zu sein.

Die Zeit an der Hochschule bis zum Diplom 1955 sieht Ursula Arnold als wenig inspirierend und enttäuschen an. Denn die Anfang der 50er Jahre einsetzende Formalismusdebatte beeinträchtigte die Freiheit der Lehre innerhalb des Photographie-Studiums beträchtlich.
An eine freie kreative Umsetzung ihrer Vorstellungen einer Bildwelt, die sich an der Wirklichkeit orientiert, war nicht zu denken. Experimente waren nicht gestattet, endeten gar im Schulverweis. Die Lehre hielt sich streng an staatlichen Vorgaben und sollte münden in der pathetischen Bildwelt vom Staats-Aufbau.

Arnold absolviert die Ausbildung, will sich aber dem offiziellen Programm nicht anschließen. Eine Gleichgesinnte findet sie in Evelyn Richter, die 1953 an die Hochschule kommt. Mit der Freundin und Kollegin findet der intensive Austausch über Photographie statt.

Gegen inhaltliche Bevormundung und Intoleranz gründeten junge Photographinnen und Photographen 1955 in Leipzig die Gruppe »action fotografie«. Arnold und Richter sind dabei, Renate Rössing, Roger Rössing, Günter Rössler, Friedrich Bernstein, Barbara Haller u.a.

Biografie
EinzelAusstellung 2000  
Künstlerinnen: Übersicht

Beteiligung an der Ausstellung des DAS VERBORGENE MUSEUM
Künstlerinnen im Dialog 3 | 2017 

AUGENSTEIN, KÄTHE
AUGENSTEIN, KÄTHE
1899
1981

 
Die späten Jahre der Weimarer Republik markierten die erste Blütezeit des modernen Fotojournalismus. Eine besondere Rolle spielte dabei die Berliner Bildagentur »Dephot« (»Deutscher Photodienst«), die als eine Schule des modernen Fotojournalismus gilt. Ihre Reputation ist vor allem auf ihre Protagonisten zurückzuführen, allen voran auf den Agenturgründer und -leiter Simon Guttmann und eine außergewöhnliche Equipe talentierter junger Fotografen, zu der neben Otto Umbehr, Felix H. Man, Harald Lechenperg und Robert Capa (eigentlich Endre Friedman) auch Käthe Augenstein (1899–1981) gehörte.

Die gebürtige Bonnerin zählt zu den wenigen erfolgreichen Berliner Pressefotografinnen jener Zeit. Nach bisherigem Forschungsstand ist sie die einzige Fotografin, die in bedeutendem Umfang für die »Dephot« gearbeitet hat. 

AUSTRIA, MARIA
AUSTRIA, MARIA
1915
1975

 

Erst seit der neuerdings detaillierten Sichtung des Nachlasses der Fotografin Maria Austria (1915-1975) ist ihr umfangreiches Werk erschlossen. Mit ca. einhundert Schwarz-Weiß-Fotografien und Dokumenten zeigt Das Verborgene Museum eine Auswahl der Ausstellung, die zuerst im Joods Historisch Museum/Joods Cultureel Kwartier, Amsterdam, zu sehen war.

Marie Karoline Oestreicher wird 1915 in eine gutsituierte, jüdische Familie in Karlsbad (Karlovy Vary) hineingeboren. Im Sommer 1933 reist sie mit Leica und Rolleiflex im Gepäck nach Wien, um an der altehrwürdigen »Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt« eine Ausbildung zur Fotografin zu machen, die sie mit der Note »sehr gut« abschließt. Von Anfang an war sie an den Prozessen in der Dunkelkammer interessiert, hat sie ihre Negative selbst entwickelt. Als freie Fotografin erprobt sie sich beim Portraitieren, macht Reportagen für Zeitschriften und entwickelt besonderes Interesse an den avantgardistischen Theaterbühnen um den Wiener Naschmarkt.

Im Sommer 1937 trifft sie die weitsichtige Entscheidung, nach Amsterdam zu emigrieren, wo ihre Schwester, die Bauhäuslerin und Textilgestalterin, Lisbeth Oestreicher, bereits lebt. Zusammen richten sie das Atelier »Model en Foto Austria« ein.

Ausstellung | Photographien der 50er und 60ger Jahre
Ausstellung | Aus einem fotografischen Kosmos
Biografie

BARBAKOFF, TATJANA
BARBAKOFF, TATJANA
1899
1944

 

Tatjana Barbakoff gehört mit ihren eigenständigen, mimisch-parodistischen Kostümtänzen zu den innovativen Tänzerinnen der 1920er Jahre. »Schon in frühester Jugend ... erlernte ich die Technik des modernen Ballett- und Fußspitzentanzes. Erst als ich dies konnte, versuchte ich, meine eigenen Wege zu gehen … Nie habe ich wirklich echte, asiatische, chinesische Tänze gesehen«, schreibt sie 1929 über sich selbst. In exotischen Kostüm-Kreationen mit Bewegungen, wie wir sie aus der phantastischen Fabelwelt kennen, entführte sie ihr Publikum in die bizarre Welt der Phantasie.  

Tsipora Edelberg wurde 1899 im lettischen Hasenpoth geboren, das damals noch zum russischen Zarenreich gehörte. Sie war jüdischer Abstammung und wählte erst als professionelle Tänzerin den russisch klingenden Künstlernamen Tatjana Barbakoff.

Mit zehn Jahren erhielt sie Ballettunterricht und schon bald zeichnete sich ab, dass sie für den Tanz besonders begabt war. Mit neunzehn Jahren ging sie mit dem deutschen Offizier Georg Waldmann, den sie später heiratete, nach Deutschland, wo er unter dem Künstlernamen Marcel Boissier als Conferéncier und Sänger Geld verdiente. Zusammen traten sie im Kabarett »Schall und Rauch« in Berlin und in Düsseldorf im »Corso Cabaret« auf.

Mit ihrem ersten eigenen Programm war Tatjana Barbakoff 1921 im Düsseldorfer Schauspielhaus; die Anregung kam von der Theaterdirektorin und Schauspielerin Louise Dumont (1862-1932), die zur Künstler-Avantgarde im Rheinland gehörte. Barbakoffs Darbietungen überzeugten weniger durch innovative  Körperbewegungen, als durch ihre Einfälle im Umgang mit Dekor, Kostüm und Farbigkeit.

Ihre ästhetisch faszinierenden Kostüme entfalteten ihre volle Wirkung beim Tanz und haben offenbar Publikum, Kritiker und Künstler gleichermaßen fasziniert: Die einen schwärmten von einem »beglückenden Kontrast zu den landesüblichen Tanzpyjamas« (Joseph Lewitan, Der Tanz, H.5, 1932), die anderen sahen in ihr das inspirierende Modell, neben den Männern auch Künstlerinnen wie die am Bodensee ansäßige Malerin Kasia von Szadurska (1886-1942) und die Schweizer Expressionistin Helen Dahm (1878-1968).

Publikation A-E
Ausstellung
Biografie

BEHREND, KATHARINA ELEONORE
BEHREND, KATHARINA ELEONORE
1888
1973

 
Katharina Eleonore Behrend (1888–1973) gehört zur zweiten Generation fotografierender Amateure, von denen die meisten namenlos geblieben und unter denen nur wenige Frauen zu finden sind.
Behrends fotografischer Nachlaß, der in der Stichting Nederlands Fotoarchief, Rotterdam, bewahrt wird, ist als Dokument Europäischer Amateurfotografie mit Bildbeispielen aus den ersten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts von überraschender Vielseitigkeit.

Ausflüge, Sommerfreuden, Spiel und Sport im Freien und Reiseeindrücke waren bei den Amateuren so beliebte Motive wie spielende Kinder und die Portraitaufnahmen von Freunden und Verwandten, die als bürgerliche Ahnengalerie in Fotoalben in Ehren gehalten wurden.
Besonders beliebt waren Bilder vom neuzeitlichen Freizeitvergnügen, vom Strand- und Badeleben an der See oder in öffentlichen Badeanstalten mit leicht bekleideten Menschen wie auf Behrends Aufnahme vom ostfriesischen Inselstrand auf Langeoog, auf der sich ihr Bruder Walter beim kühnen Sprung über einen hoch aufgerichteten Liegestuhl versuchte – ein frühes Beispiel fotografisch fixierter Bewegung aus der Hand einer Amateurin.

Künstlerinnen: Übersicht 

BESNYÖ, EVA
BESNYÖ, EVA
1910
2003

 
Leben und Werk der ungarisch jüdischen Fotografin Eva Besnyö (1910 - 2003) sind von der Moderne in den Künsten gleichermaßen wie von den politisch extremen Geschicken Europas im 20. Jahrhundert, von Faschismus, Nationalsozialismus, Verfolgung und Emigration, geprägt.".

Als Eva Besnyö gerade zwanzigjährig mit einer Gesellenprüfung des angesehenen Budapester Portrait- und Werbeateliers Jozsef Pecsi im Gepäck in Berlin eintraf, hatte sie bereits zwei folgenreiche Entscheidungen in ihrem Leben getroffen: Das Fotografieren zu ihrem Beruf zu machen und dem faschistischen Ungarn für immer den Rücken zu kehren. Noch konnte sie nicht wissen, dass sie auch Deutschland bald wieder verlassen würde, aber die knapp zwei Jahre in Berlin von September 1930 bis Herbst 1932 wurden für ihre persönliche Entwicklung und ihre fotografische Bildsprache von bleibender Prägung.

 

Publikation A-E

BOHM, DOROTHY
BOHM, DOROTHY
1924
2023

 

Dorothy Bohm gehört zusammen mit Bill Brandt und Ida Kar, Don McCullin, David Bailey und Jo Spence zu den bedeutendsten Photographinnen und Photographen in Großbritannien nach 1945.

Zum ersten Mal tritt sie 1969 mit eigenen Photographien "People at Peace" zusammen mit ihren Kollegen Don McCullin, Tony Ray-Jones und Enzo Ragazzini in der Ausstellung "Four Photographers in Contrast" im Institute of Contemporary Arts in London an die Öffentlichkeit.

In der Zeit öffentlicher Debatten um Photographie als Kunst verstand sich Dorothy Bohm auch als Pionierin und Streiterin für Photographie und machte sich für die Rolle des jungen Mediums innerhalb der bildenden Künste stark. Zusammen mit Sue Davies begründete sie in London 1971 die erste auf Photographie spezialisierte Einrichtung "The Photographer's Gallery", die im Laufe der Jahrzehnte zum maßgeblichen Forum für Photographie in Großbritannien wurde. Hierhin holte sie auch Photographen, mit denen sie eine langjährige Freundschaft verband: André Kertész, Manuel Álvarez Bravo, Bill Brandt, Arnold Newman und George Rodger.

Künstlerinnen: Übersicht

BRESLAUER, MARIANNE
BRESLAUER, MARIANNE
1909
2001

 

Es ist überschaubar, das fotografische Werk von Marianne Breslauer (1909-2001). Portraits von Künstler-Freunden und Bekannten, Stadtansichten aus Berlin und Paris und, vor allem in den späteren Jahren, Aufnahmen von Reisen nach Italien und Palästina und Auftragsarbeiten aus Spanien.  

Die Zeit, in der ihr Werk entstand - zwischen 1927 und 1937 - markiert zugleich ein für die deutsche Geschichte folgenschweres Jahrzehnt: Die Zerschlagung der ersten Republik auf deutschem Boden zwischen vorübergehender Stabilisierung und Kriegsvorbereitungen, zwischen Kunst der Avantgarde in der Weimarer Republik und "entarteter" Kunst im Nationalsozialismus - fotografiegeschichtlich zwischen "Antlitz der Zeit" (August Sander) und "Dem Deutschen Volksgesicht" (Erna Lendvai-Dircksen).  

Als Marianne Breslauer sich für Fotografie zu interessieren beginnt, endgültig aber als sie 1927 mit der Ausbildung anfängt, hatte es die Fotografie nach jahrzehntelangem Ringen zur Anerkennung als eigenständiges künstlerisches Medium gebracht, hatte sie sich endlich von der Nachahmung malerischer Ausdrucksmittel gelöst, um verstärkt ihre technischen Möglichkeiten zu erforschen. Hier fand die "neue" Fotografie ein weites Feld für künstlerische Versuche.  

Es war die Zeit der Experimentatoren, denen neben Moholy-Nagy und Man Ray auch Marta Hoepffner zuzurechnen ist, der "Neuen Sachlichkeit" (Renger Patzsch, Aenne Biermann), die den Reiz der glänzenden Oberfläche ins Bild setzt, und es war die große Zeit der Fotoreportagen, der "geheimen Kamera" in "unbewachten Augenblicken" (Salomon), die neuerdings die Welt im Bild zusammenführt. Schließlich war es auch die Zeit der kleinen und großen Portraitateliers, in denen sich jeder zu Anlässen aller Art ablichten ließ.

Ausstellung
Biografie 

BUCHLER, KÄTHE
BUCHLER, KÄTHE
1876
1930


Käthe Buchler, geborene von Rhamm, wurde 1876 in Braunschweig als Tochter des Juristen und Landsyndikus Albert von Rhamm, und seiner Frau Emma geboren. Sie wuchs in einem großbürgerlichen Elternhaus mit zwei Schwestern und einem Bruder auf; alle Kinder waren musisch begabt. Käthe, deren Leben beeinträchtigt wurde durch eine seit frühester Jugend vorhandene Schwerhörigkeit, beschäftigte sich mit Aquarell- und Ölmalerei. Um die Schwerhörigkeit behandeln zu lassen, reiste sie oft nach Berlin. 1895 heiratete sie Walther Fr. Th. Buchler, den Inhaber der 1858 von Hermann Buchler gegründeten “Chininfabrik Braunschweig Buchler & Co.“ und sie zogen 1901 mit ihren beiden Kindern in die Villa am Löwenwall 19 in Braunschweig, wo sie ein offenes, den Künsten aufgeschlossenes Haus führten.

Im selben Jahr beginnt sie mit ihrer ersten Kamera, einer zweiäugigen Voigtländer, einem Geschenk ihres Mannes, zu photographieren. Sie dokumentiert das Familienleben und die Umgebung. Später arbeitet sie auch mit einer 9x12cm Plattenkamera mit großem Holzstativ, von der ebenfalls in Braunschweig ansässigen Firma Voigtländer. Diese sperrige Kameraausrüstung begleitete sie bei Familienausflügen und ausgewählten Motivreisen in die Braunschweiger Umgebung.

Das nötige photographische Rüstzeug holte sie sich als Amateurin ab 1906 in Photographie-Kursen im Lette-Verein in Berlin.

Der Lette-Verein, ein 1866 eingerichtetes Institut zur Erlernung und Professionalisierung der Frauenberufe, hatte 1890 die Abteilung Photographische Lehranstalt eingerichtet, um die Frauen an den sich neu entwickelnden Beruf der Photographin heranzuführen.

Biografie
Ausstellung  

CSAKI-COPONY, GRETE
CSAKI-COPONY, GRETE
1893
1990

  
„Überraschend ist, wie sehr sich das Bild des Frauenschaffens auch auf künstlerischem Gebiet in den letzten dreißig Jahren verändert hat. Als die Bahn frei war, waren plötzlich auch die Begabungen vorhanden. Die äußere Not, der Umschwung in den sozialen Verhältnissen, hat die Frau ins Leben hinausgedrängt, aber es war nicht die äußere Not, die die Künstlerin in ihr geweckt hat. Seelische Wandlungen waren bestimmend. Ein neues Frauengeschlecht hat sich einen neuen Pflichtenkreis geschaffen, neue Lebensideale aufgestellt und seinen Horizont erweitert,“ schreibt 1927 die Kunsthistorikerin Rosa Schapire.  

Die Malerin Grete Csaki-Copony  wurde 1893 bei Kronstadt (Brasov) in Siebenbürgen (Transilvania) geboren. Sie gehört zu den noch wenig bekannten Künstlerinnen und Künstlern dieser multikulturellen Region, der im erweiterten Europa eine neue Rolle zuwachsen wird. Als Papierfabrikant und späterer Abgeordneter im ungarischen Parlament  (Siebenbürgen wurde erst 1920 rumänisch) zählte ihr Vater seinerzeit zur Bildungselite des Landes.  

Grete Copony begann ihren künstlerischen Werdegang 1909 in Dresden, ging dann nach München und später nach Berlin, wo die Schule des »Vereins der Berliner Künstlerinnen«  zur entscheidenden Stätte der Professionalisierung von Künstlerinnen geworden war. Käthe Kollwitz, Karl Stauffer-Bern, Hans Baluschek, George Mosson, Franz Skarbina etc. waren hier in der Lehre tätig und vertraten die moderne Kunstauffassung der 1898 begründeten Secession. Für Grete Csaki-Copony wird Berlin zum Ort der Entwicklung des eigenen Malstils. Sie genießt hier Freiheit und Unabhängigkeit in der Stadt des künstlerischen Aufbruchs, in der Kaiser Wilhelm II. mit seinem Urteil über die »Rinnsteinkunst« einer Kollwitz und eines Baluschek für anhaltende Debatten in Kunstkreisen gesorgt hatte. 

Im Herbst 1924 geht Grete Csaki-Copony für einige Monate nach Paris. Hierher kamen die Künstlerinnen von überall: Sigrid Hjerten aus Schweden, Helene Schjerfbeck aus Finnland, Anna Ancher aus Dänemark, die Russin Marie Vassilieff, Käthe Kollwitz, Paula Modersohn-Becker, Clara Westhoff-Rilke, Ida Gerhardi, Lou Albert-Lasard und Annot aus Deutschland, um nur einige zu nennen, vor allem auch weil sie Aktstudien am lebenden Objekt betreiben durften: in der Schule von Madame Trélat de Lavignes, der Académie Julien, bei Colarossi oder Matisse und der Grande Chaumière, bei Henri Martin,
Puvis de Chavannes, Fernand Léger oder André Lhote. Hier entstehen auch Csaki-Coponys Aktstudien, aber auch ihre Aquarelle von Caféhausszenen, Gärten und Plätzen; hier entsteht auch ihr Selbstportrait mit Zeichenstift und Skizzenblock vor dem Spiegel zum Ausdruck der Selbstbefragung, wie es für die Künstlergeneration, die den Zusammenbruch der gesellschaftlichen Verhältnisse in der Folge des verlorenen Ersten Weltkrieges hautnah erlebt hat, typisch war.  

DESMOND, OLGA
DESMOND, OLGA
1890
1964


Die Desmond tanzte nicht nur barfuss, sie tanzte nackt. Und das bedeutete für die prüde preußische Presse zur Zeit Kaiser Wilhelms II. einen Skandal. Schon Auftritte ohne Schuhe galten im Wilhelminismus als anstößig und unkünstlerisch; daran konnten auch die sensationellen Auftritte der weltweit bekannten Barfuss-Tänzerin Isadora Duncan nichts ändern. Um gesellschaftliche Konventionen aber wollte sich die Desmond nicht kümmern. 

Olga Desmond (1890-1964), als Olga Antonie Sellin in Ostpreußen geboren, erlernte die  Schauspielerei in Berlin und verdiente sich nebenbei ihr Geld, indem sie Künstlern, u.a. Lovis Corinth, Modell stand. 1906 schloss sie sich der Artistengruppe The Seldoms an und trat während eines längeren Aufenthalts in London in sogenannten plastischen Darstellungen als Venus auf. Es folgten Auftritte in Berlin, wieder mit dem Partner Adolf Salge von den Seldoms. Ihre tänzerischen Darbietungen entwickelte sie zu ausgewählten Kompositionen aus klassischen Posen verbunden mit pantomimischen Gesten, einem zeittypischen Merkmal im damals neuen Tanz. Zusammen mit Karl Vanselow, dem Herausgeber des Lifestylmagazins der Jahrhundertwende "Die Schönheit", kreierte sie für die "Vereinigung für ideale Kultur" die "Schönheit-Abende" mit Auftritten in Berlin und St. Petersburg, Dresden, Leipzig, Breslau. Sie propagiert mit ihrem Tanz das Verständnis einer modernen Körperkultur und will zugleich eine gesunde Lebensweise anregen. Sie tanzt nackt, verzichtet auf das hautfarbene Trikot, durch Spezialschminke erhält ihr Körper ein makelloses Aussehen. Der Tanzkritiker Fritz Böhme erkennt in ihren Tänzen sogar den Ausdruck einer "neue Weltanschauung".

Der Skandal ließ nicht lange auf sich warten: die Auftritte im Wintergarten wurden im Januar 1909 Anlass zu Auseinandersetzungen im Preußischen Landtag, die  "Schönheit-Abende" wurden verboten.

 

DEUTSCH, GERTI
DEUTSCH, GERTI
1908
1979


1908 geboren und in der Wiener Innenstadt zu Hause, absolvierte sie 1933/1935 eine Ausbildung zur Fotografin an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien. Der Austrofaschismus hatte das liberale Leben bereits eingeschränkt und propagierte verstärkt die Bildästhetik einer verklärenden Heimatfotografie. Dagegen favorisierte Gerti Deutsch Alltagsmotive, die dieser Norm entgegenstanden, wie z.B. die Aufnahme von Wartenden auf einem Kleinstadtbahnhof (1930er-Jahre) aus der Perspektive von oben und den für die moderne Fotografie typischen Bilddiagonalen.

1936 verließ sie Wien und ging nach London, wo die von Stefan Lorant 1938 gegründete, liberale antifaschistische Illustrierte »Picture Post« bis 1950 ihr wichtigster Auftraggeber wurde. Es entstanden 64 Bildreportagen mit kulturellen und aktuell politischen Themen, u.a. Fotoserien zu den Transporten jüdischer Kinder aus Deutschland (1938), zu österreichischen Kriegsheimkehrern (1948); nach dem Zweiten Weltkrieg – den überwiegenden Teil ihrer Aufnahmen konnte sie retten -  fotografierte sie wieder häufiger in Österreich sowohl bei den traditionellen Salzburger Festspielen, als auch bei Festen und Feiern der Menschen auf dem Lande.1960 machte sie während eines zweimonatigen Aufenthalts in Japan Fotografien im Auftrag der Japanischen Kamera-Handelsvertretung. Es sind faszinierende Motive einer in Europa damals überwiegend noch fremdem Kulturlandschaft.

 

ERNST, HELEN
ERNST, HELEN
1904
1948


Ein Anlass der Künstlerin Helen Ernst 1994 zu gedenken wäre ihr neunzigster Geburtstag. Die Widerstandskämpferin Helen Ernst, am 10. März 1904 geboren, führte in den zwanziger Jahren zunächst ein für die damalige jüngere europäische Künstlerinnengeneration typisches Leben. So heißt es in einem von ihr mitgestalteten Heft der Zeitschrift „Fontana Martina“ aus dem Jahre 1931: „Sie muß ihr Talent, kaum entwickelt, auch schon praktisch verwertet.

“Sie arbeitete als Presse- und Modezeichnerin, als Modepädagogin und Modedesignerin. Ende der zwanziger Jahre hatte sie es satt, „ausschließlich zur Belustigung der besseren Gesellschaft“ tätig zu sein, wie sie später schrieb. Sie teilte nunmehr das Credo vieler kritischer Künstlerinnen in der Weimarer Republik – „Der Platz des Künstlers ist Seite an Seite der werktätigen Lohnarbeiter, als deren Lehrer und Erzieher“ (Fontana Martina) – und begann, sich künstlerisch, sozial und politisch zu engagieren – in der KPD und dieser nahestehenden Organisationen.

Hier bürgerliches Leben, Mode, Eleganz, Kostüm- und Künstlerfeste, Ausstellungen, Theater- und Konzertbesuche, Kino und Nachtleben, dort Arbeiterelend, politische Agitation, Straßenkämpfe, geheime Treffen, Unterbringung von politisch Verfolgten – Helen Ernst lebte in beiden Welten.

Nach der Machtübertragung an Hitler und die Nationalsozialisten wurde sie verhaftet. 1934 emigrierte sie in die Niederlande, wo sie sich publizistisch und künstlerisch am Widerstand gegen den Nationalsozialismus beteiligte. Zudem berichtete sie einer deutschen Widerstandsgruppe in Paris über Leben und Opposition in Deutschland. Sie verlor ihre deutsche Staatsbürgerschaft. Nach der Besetzung der Niederlande durch die deutschen Truppen 1940 wurde sie wegen „antideutscher Hetzpropaganda“ verhaftet und wenige Monate später als politischer Häftling in das Frauen-KZ Ravensbrück gebracht.

Lebend, aber krank dem Nationalsozialismus entronnen, war sie in der SBZ Verdächtigungen, Nachforschungen und Maßregelungen ihrer alten Gesinnungsgenossinnen und genossen ausgesetzt. Weil sie im KZ als Individuum und nicht als organisierte Widerstandkämpferin zu überleben versucht hatte, wurde sie des Konformismus verdächtigt und beschuldigt. Spät – zu spät für sie – kam ihre Rehabilitierung. Sie starb an den physischen und psychischen Folgen einer fast fünfjährigen KZ-Haft: Tbc-krank, körperlich und seelisch erschöpft, Opfer des NS-Terrors und später der Denunziation durch Mithäftlinge am Karfreitag des Jahres 1948.

Publikation A - E

ERRELL, LOTTE
ERRELL, LOTTE
1903
1991
Reporterin der 1930er Jahre

 

Berichte über ferne Länder, die Lebenswelten fremder Völker und exotische Kulturen gehörten in den 1920er und 1930er Jahren zum festen Bestandteil des Programms einer jeden großen Illustrierten. Eigens auf Reiseberichte ausgerichtete Magazine wie die monatlich erscheinende Zeitschrift ATLANTIS und eine Fülle von länderkundlichen Buchveröffentlichungen eröffneten zudem den Photographinnen und Photographen ein ganz neues Tätigkeitsfeld. Längst war das individuelle Reisen noch nicht so verbreitet wie heute; zwar war man durch Reiseberichte – häufig mit Stichen illustriert – über fremde Kulturen informiert, aber die Photoreportage sollte nun infolge der neuen technischen Möglichkeiten, Impressionen aus dem Alltag in fernen Ländern in jedes Haus bringen. Statt inszenierter und gestellter Einzelbilder waren Momentaufnahmen gefragt, weil sie in der Erfassung des Augenblicks von höherer Authentizität waren.

Zu den Namen der bekannten schreibenden und photographierenden Journalisten wie Walter Bossard, Harald Lechenperg oder Alfred Eisenstaedt gehören auch die von Photographinnen wie beispielsweise Caecilie Seler-Sachs, Alice Schalek, Germaine Krull, Ella Maillart, Annemarie Schwarzenbach, Marianne Breslauer und Lotte Errell. In einer Zeit, in der die Frauen besonders durch Berufstätigkeit versuchten, in der Öffentlichkeit Fuß zu fassen, war das Schreiben und Photographieren auf Reisen eine geeignete Möglichkeit, Eigenständigkeit und Unabhängigkeit zu erproben.

Lotte Rosenberg, 1903 als Tochter eines wohlhabenden jüdischen Pferdehändlers in Münster (Westfalen) geboren, wurde nach zum Teil autodidaktischer Aneignung der Photographie und Mitarbeit im Werbeatelier ihres Mannes Richard Levy (Errell), den sie 1924 heiratete, seit den ausgehenden 1920er Jahren publizistisch tätig. Als Photographin und Autorin veröffentlicht sie seitdem unter dem Namen Lotte Errell. Ihre erste Reise fällt in die Jahreswende 1928/29, als sie sich der mehrmonatigen Expedition unter Leitung der Ethnologin Gulla Pfeffer und des Filmemachers Dr. Friedrich Dalsheim an die Goldküste nach Westafrika, heute Ghana, anschließt.

Ausstellung
Biografie
Publikationen A-E