Reihe: Europäische Photographinnen
Grete Popper wächst um 1900 in Prag auf, in einer der Tradition verpflichteten, aber auch der Moderne aufgeschlossenen Atmosphäre. Es war die Zeit vor dem Untergang der Habsburger Monarchie nach dem ersten Weltkrieg und der Gründung der tschechischen Republik 1918, als das Leben von der K. und K. österreichischen Kultur geprägt war (repräsentiert durch zwei Theater, ein Konzerthaus, zwei Hochschulen, fünf Gymnasien, vier Oberrealschulen und die beiden Tageszeitungen Prager Tageblatt und Bohemia). Österreicher, Deutsche und Tschechen pflegten geschäftliche Beziehungen, doch in den Vereinen und Clubs, in Kaffeehäusern und Restaurants herrschte eine Trennung. „Sage mir, in welchem Café du verkehrst, und ich sage dir, wer du bist...“x heißt es bei dem tschechischen Literaten Ota Filip in seinem Artikel „Eine Heimat für Hochstapler.“ Im Café Arco trafen sich die deutschsprachigen Literaten, Künstler und Theaterleute; im “Deutschen Haus und im Café Casino“ saß die noble deutsch-nationale Gesellschaft mit dem Adel und den reichen Prager Juden zusammen, das „Café Gemeindehaus“ war der Treffpunkt für die betagten eleganten Prager Damen. Die tschechischen Anarchisten trafen sich im „Café Union“, die Intellektuellen diskutierten im „Café Slavia“, wo der Oberkellner Alois die Platzzuweisung streng nach Ansehen vornahm. Des „rasenden Reporters“ Egon Erwin Kischs zweites zu Hause war das „Café Montmartre“, wo die Prager Boheme verkehrte.
Welches Café Grete Popper wohl als belesene, mehrsprachige und weltoffene junge Frau besucht haben mag, ist aus den spärlichen Daten zu ihrem Leben nicht mehr zu rekonstruieren, auch nicht wo sich ihre Kollegen, die Photographen trafen, denen sie mit wachsender Begeisterung für das Photographieren immer mehr verbunden war. Sicher jedenfalls ist, daß sie sowohl mit den deutschen als auch mit den tschechischen Photo-Vereinen Kontakt pflegte.
Grete Popper wurde 1897 in Prag geboren, im Jahr der sogenannten Dezember-Tumulte, die sich gegen die zurückgenommenen deutsch-tschechische Sprachreglungen richteten. Grete Poppers Familie gehörte zum österreichisch/deutschen Bürgertum, ähnlich wie Egon Erwin Kisch. Ihr Vater, jüdischer Abstammung und zum Katholizismus konvertiert, war leitender Angestellter in der Prager Zweigstelle der „Wiener Versicherungsgesellschaft“ und wie in diesen Kreisen üblich, erhielt Grete Popper eine Schulausbildung, die sie befähigte, um 1929 eine höhere Position als Angestellte in der Geschäftsdirektion der Poldi Eisenhütten Werke in Kladno bei Prag zu übernehmen.
Zu dieser Zeit begann sie auch zu photographieren. Die erste nachweisbare Veröffentlichung einer Aufnahme erschien 1931 in der Zeitschrift „Fotografický obzor“ (Photographischer Horizont), dem offiziellen Organ der tschechischen Amateurphotographen: eine Siamesische Katze, für die sie 1931 den 3. Platz, Kategorie „Tiere“ im Kodak-Wettbewerb erhielt; 1933 wurde das Katzenportrait im Prager Salon und 1934 im Salon im französischen Tours gezeigt.
Die Präsentation in den Salons, die Vorträge, Photo- und Labor-Kurse, die Vorführungen neuer Photo-Materialien, sowie der Austausch mit anderen internationalen Vereinen bestimmten auch die Aktivitäten des 1896 in Prag gegründeten „Klub Deutscher Amateurphotographen“, der zu den frühesten Vereinigungen dieser Art in Böhmen und Mähren gehörte. Unter den Amateuren und nicht in den photographischen Ateliers wurde die sogenannte künstlerische Photographie gepflegt und gefördert. Überwiegend Herren aus dem gehobenen Bürgertum waren Mitglieder im Verein. (der sich bis 1914 zum führenden Verein in tschechischen Landen entwickelte) Nach dem Ersten Weltkrieg kam das Vereinsleben erst wieder Mitte der 1920er Jahre in Gang, und die Photographie sollte nicht mehr von der streng nationalistisch geprägten Vorkriegshaltung geprägt sein.
Grete Popper wurde, als eine von ganz wenigen Frauen, Anfang der 1930er Jahre Mitglied im Klub (KDA) und zur gleichen Zeit trat sie auch der British Royal Photographic Society, London bei. Mit ihren, von einer modernen Bildsprache geprägten Photographien trug sie schon bald zum Erfolg des Klubs bei. Zwischen 1932 und 1938 beschickte sie über 80 Ausstellungen in Europa, Amerika und Australien und erhielt Medaillen und zahlreiche Auszeichnungen. Ihr Themenspektrum war weit gefächert: Sie photographierte ihre unmittelbare Umgebung, die Prager Straßen im Stil des „Neuen Sehens“, zum Teil noch der kunstphotographischen Auffassung des frühen 20. Jahrhunderts verpflichtet, zum Teil stimmungsvoll romantisierend im Regen, in der Morgensonne oder im ersten Schnee erscheint der Wenzelsplatz, den sie immer wieder aus dem ersten Stock des Verbindungsgebäudes der Triester Assicuratzione generali mit Moldavia Versicherungsgesellschaft festhält – von dort, wo sie in den 1930er Jahren als Sekretärin tätig war. Es sind Momentphotographien, bei denen Popper auch schon mal die Leica eingesetzt hat.
Publikationen P-T
Ausstellung
Biografie
Erste Ausstellung der Gesellschaftsfotografin Riess seit ihrem Weggang von Berlin 1932 mit 100 Prominenten - Portraits aus den 1920er Jahren
" Ich habe die Rieß um eine Ausstellung ihrer Photographien gebeten, weil sie mit Objektiv und Gummiball Kunst macht ", schreibt Alfred Flechtheim im November 1925 im Katalog zur Ausstellung mit Fotografien von Frieda G. Riess in seiner Galerie am Lützowufer in Berlin.
Dass Alfred Flechtheim 1925 Fotografien in seiner Galerie ausgestellt hat, mag überraschen, dass er, einer der tonangebenden Kunstsammler und Kunsthändler moderner Kunst in den zwanziger Jahren Fotografien in den Rang der Künste erhoben hat, kommt einer Sensation gleich. Auch deshalb gilt uns Flechtheims Urteil über die Fotografien der Riess bis heute als Qualitätszeugnis ersten Ranges. Der schmale Ausstellungskatalog mit 177 Positionen eröffnete den Zugang zu dem weitgehend unbekannten fotografischen Œuvre "Der Riess", zu ihrer Person und den Protagonisten ihrer Portrait- und Aktaufnahmen. Mit den meisten von ihnen hat sie nach Machtantritt der Nationalsozialisten das Schicksal der Emigration geteilt, wodurch die Spuren ihres Lebens beinahe gänzlich verloren sind.
"DIE RIESS" - wie sie bei den Zeitgenossen genannt wurde - war zur ihrer Zeit nicht nur keine Unbekannte, sie war hoch gelobt von der Presse und die Internationalität ihrer Klientel machte ihre Einladungen zum Tee im Atelier weit über Berlin hinaus bekannt. Ähnlich euphorisch wie Flechtheim sprachen Wilhelm von Bode und Georg Kaiser über ihre Portraits und der Kunstkritiker des "8-Uhr-Abendblatts" Kurt Pinthus kam geradezu ins Schwelgen. Während Gottfried Benn ihre Bildniskunst ironisierend aufs Korn nahm, schwärmte die französische Malerin Marie Laurencin in Paris und Vita Sackville-West schrieb begeistert nach London über die Gesellschaft beim Tee im Atelier der Riess.
Publikationen P - T
„Bei Itten habe ich Sehen gelernt“ – bringt die Photographin und Modeschöpferin Ré Soupault den Unterricht im Vorkurs am Bauhaus in Weimar auf einen kurzen Nenner und beschreibt damit zugleich aus eigener Anschauung, was in den theoretischen Texten der Zeit unter dem Schlagwort vom “Neuen Sehen“ zur Maxime der künstlerischen Photographie geworden ist.
1901 als Erna Niemeyer im pommerschen Kolberg geboren, hatte sie schon im Schulunterricht vom „Bauhaus-Manifest“ des Architekten Walter Gropius gehört, aber noch nicht wissen können, daß Bauhaus und Bauhäusler ihren Lebensweg entscheidend bestimmen sollten: Sie stud9ierte von 1921 bis 1925 am Bauhaus in Weimar zuerst bei Johannes Itten, später bei Oskar Schlemmer, Wassily Kandinsky und Paul Klee und hatte zwischendurch als Assistentin von Viking Eggeling in Berlin bei der Fertigstellung seines Films „Diagonal-Symphonie“ auch die avantgardistischen Filmtechniken kennengelernt.
Nach Schließung des Bauhauses Weimar 1925 ging sie nach Berlin, weil sie im Scherl Verlag, dem seinerzeit zweitgrößten Verlagshaus neben Ullstein als freie Mitarbeiterin mit regelmäßigen Beiträgen ihren Lebensunterhalt verdienen konnte – sie entwarf und zeichnete Schnitte für das kleine Portemonnaie für die Wochenschrift „Sport im Bild“, eine Illustrierte für Sport, Gesellschaft und Theater.
Inzwischen mit dem Filmemacher Hans Richter verheiratet, fand sie 1929 in Paris, wo sie das Modestudio „Ré-Sport“ eröffnet hatte, vor allem im Kreis der Künstler im legendären „Café du Dôme“ mit Man Ray, Kiki, Foujita, Giacometti, Léger, Kertész und vielen anderen anregenden Austausch.
Aus der Bekanntschaft mit dem Schriftsteller und Journalisten Philippe Soupault im Jahr 1933 – er war ein Mitinitiator der Dada- und Surrealismus-Bewegung in Paris wird eine lebenslange Verbindung. Philippe Soupault arbeitete damals hauptsächlich für die Tageszeitungen „Excelsior“ und „Le Petit Parisien“. Beide zusammen entwickeln sehr bald die Idee zu gemeinsamer Tätigkeit: Ré kauft sich eine 6 x 6cm Rolleiflex und von nun an machen sie die Reportage-Reisen zusammen, nach Dänemark, Finnland, Deutschland, Spanien, Tunesien und Amerika.
Illustrationen eines Tagebuchs
Die Amateurfotografin, Schriftstellerin und Kunstsammlerin Thea Sternheim (1883-1971) machte zeitlebens von der Familie, von den Freunden und bekannten Schriftstellern, Dichterinnen und Künstlern vorwiegend Portraitaufnahmen. Mit diesen persönlichen Erinnerungsstücken umgibt sie sich – seien sie gerahmt an der Wand, aufgestellt im Regal, in Foto-Mappen und Alben eingeheftet oder als Illustrationen ihren Tagebuchaufzeichnungen zugeordnet.
Thea Sternheim wuchs in einer großbürgerlichen Kaufmannsfamilie in Neuss bei Düsseldorf auf und schon in jungen Jahren galt ihre Begeisterung der Literatur und der alten und zeitgenössischen Malerei. Durch Carl Sternheim, ihren zweiten Ehemann, den sie 1903 kennen lernte, machte sie Bekanntschaft mit Literaten, Künstlerinnen und Künstlern. Nach dem Tod ihres Vaters, Georg Bauer, des Mitinhabers der “Schrauben- und Mutternfabrik Bauer und Schauerte“ erbte sie ein Vermögen, mit dem sie repräsentative Familiensitze erwarb und eine Kunstsammlung anlegte, darunter Gemälde von van Gogh, Renoir, Gauguin, Matisse, so wie Bilder der befreundeten Künstler Ernesto de Fiori und Frans Masereel.
Seit ca. 1905 hat sie eine Fotokamera; sie richtet sich eine Dunkelkammer ein, lässt sich 1912 von einem Herrn Wacker die technischen Feinheiten des Fotografierens erklären und ersetzt ihre Schlitzverschlusskamera durch einen handlichen Goerz-Apparat (eventuell die 1910 auf den Markt gekommene Tenax Camera 4,5x6cm).
Thea Sternheim hat ein ausgeprägtes Bedürfnis, ihre Erlebnisse, die politischen Verhältnisse, Gelesenes und Gehörtes sowie die Entwicklung ihrer drei Kinder und die Begegnungen mit außergewöhnlichen Menschen aus Kunst und Kultur schriftlich und fotografisch festzuhalten. Das Fotografieren gehörte für Thea Sternheim offenbar zu den selbstverständlichen Tätigkeiten des Alltags; jedenfalls hat sie es in ihren ausführlichen Lebensaufzeichnungen nicht der besonderen Erwähnung für Wert befunden. Ihre Portraitaufnahmen illustrieren die ausführlichen Tagebücher, die sie 1903 begonnen hat und von 1909 bis 1971 kontinuierlich geführt hat. Es sind visuelle Zeugnisse einer untergegangenen kosmopolitischen Gesellschaftsschicht aus Kunst und Kultur des 20. Jahrhunderts.
Skulpturen und Zeichnungen 1928-1988
Das menschliche Leid und die schutzlose Kreatur sind für die Berliner Bildhauerin Louise Stomps (1900 – 1988) ein Leben lang Inspiration ihrer künstlerischen Kreativität. Sie stehen im Mittelpunkt ihres Schaffens, das zwischen den ausklingenden 1920er-Jahren und den späten 1980er-Jahren entstanden ist. Fünf Jahrzehnte vollzieht die Bildhauerin den künstlerischen Prozess vom klassischen Körperbild zur stark abstrahierten Figuration; dabei entwickelt sie sukzessive ihren signifikant eigenen Stil.
Die Ausstellung des Vereins DAS VERBORGENE MUSEUM in der Berlinischen Galerie ist die erste Retrospektive, die mit ca. 90 Skulpturen einen Einblick in das Lebenswerk dieser außergewöhnlichen Künstlerin gibt.
Louise Stomps hatte zwar seit 1918 intensiv gezeichnet und modelliert, aber erst zehn Jahre später, nach der Scheidung von ihrem Ehemann, konnte sie sich, Mutter zweier Töchter, der Kunstausübung widmen. Von dem verbreiteten Vorurteil, Künstlerinnen seien doch besser im Kunsthandwerk untergebracht, ließ sie sich nicht entmutigen und nahm zwischen 1928 und 1932 am Unterricht in der Abendklasse der „Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Künste“ in Berlin teil; darüber hinaus schulte sie sich bei Milly Steger (1881–1948) in der Bildhauerinnenklasse des »Vereins der Berliner Künstlerinnen«.
Marianne Strobl (1865-1917), die selbstbewusste Frau und Fotografin, die nicht wie viele ihrer Berufskolleginnen als Portraitfotografin im Atelier ihr Geld verdienen wollte, hat ein fotografisches Werk hinterlassen, das für die Fotografie-Geschichte ein Glücksfall darstellt. Sie war zwischen 1894 und 1917 auf Großbaustellen und in Industriebetrieben unterwegs und wird wohl nicht zu Unrecht als »erste Industriefotografin« der k.u.k. Monarchie bezeichnet.
Die Kenntnisse über ihr Leben sind nur sehr spärlich: Sehr wahrscheinlich hat sich Marianne Strobl im exklusiven »Club der Amateur-Photographen in Wien«, zu dem sie vermutlich über ihren Mann, den Vermessungstechniker Josef Strobl, Zugang hatte, die notwendigen Kenntnisse im Umgang mit dem Fotoapparat, den Fotoplatten und den Geheimnissen der Dunkelkammer angeeignet. Eine Ausbildung an der 1888 gegründeten »K.K. Lehr- und Versuchsanstalt für Photographie und Reproductionsverfahren in Wien« war ihr noch nicht möglich, weil Frauen erst 1908 Zugang zu der Wiener Ausbildungsstätte hatten.
Die Zeit war geprägt von Technik und Industrie, vom Ausbau des Eisenbahnnetzes und der Errichtung von Fabriken, vom Brückenbau, Kanalanlagen und Eisenkonstruktionen. Das war für Marianne Strobl der Anstoß, sich von Anfang an auf die Dokumentation derartiger großer Stadtbau- und Industrie-Anlagen zu spezialisieren. Das Fotografieren derartiger Großbaustellen bedeutete damals, eine hochkomplizierte Technik zu beherrschen: nicht zuletzt unterwegs in unwegsamem Gelände den Umgang mit der großformatigen Holz-Kamera, dem Stativ und den schwere Glasplatten zu handhaben und schließlich die langwierige, vom Tageslicht abhängige Entwicklung der Glasplatten zu beherrschen.
Mit schwerer Kameraausrüstung stieg Marianne Strobl um 1900 für ihre Auftraggeber in die Kanalisation, fotografierte mit ihrem Blitzlicht-Equipment und den großen Glasplatten auch die geologisch einmaligen Ötscherhöhlen in Niederösterreich und begleitete über Jahre die Errichtung des Gaswerks Wien-Leopoldau. Nicht zuletzt führte sie auch Regie über alle männlichen Mitarbeiter vor Ort.
Strobls Spezialisierung in diesem Metier war ihre persönliche Strategie, um auf dem extrem umkämpften Wiener Fotografie-Markt um 1900 konkurrieren zu können. Laut Firmenstempel nannte sie sich »Industrie-Photograph« und zeichnete ihre Fotografien im markanten roten Schriftzug »M. Strobl«.
Reporterinnen und Reporter, sowie Journalistinnen und Journalisten, die in Wort und Bild aus Kriegsgebieten berichten, riskieren allein durch ihren beruflichen Auftrag ihr Leben. Bis heute wird immer wieder darüber gestritten, ob Photographien, die hautnah Gewalt, Tod und Verbrechen in mörderischen Kriegen festhalten, eher als Verdopplung von Gewalt oder als Möglichkeit zur Hilfeleistung anzusehen sind.
Gerta Taro gehört zu den wenigen Photoreporterinnen, die Aufnahmen an einem Kriegsschauplatz für die Presse gemacht haben. Im Spanischen Bürgerkrieg an den Fronten der liberalen antifaschistischen Kämpfer hat sie für die europäische und amerikanische Presse, beispielsweise „Ce Soir“, „Regards“, „Vu“, die „Züricher Illustrierte“ und auch „Life“ gearbeitet. Gemeinsam mit dem Kollegen und Freund Robert Capa liefert sie Aufnahmen aus diesem erstmals von den Bildmedien getragenen Krieg.
Gerta Taro, jüdisch-galizischer Abstammung, wird als Gerta Pohorylle am 1. August 19110 geboren und wächst in Stuttgart und Leipzig auf. Selbstbewußt, sportlich und temperamentvoll verkörpert sie ein Bild der „Neuen Frau“, intelligent und problembewußt engagiert sie sich politisch.
Im März 1933 wird sie wegen Verteilens von Flugblättern „in Schutzhaft“ genommen, im Herbst des Jahres emigriert sie nach Paris.
Beruflich und privat bringt die Begegnung mit André Friedmann, den sie im September 1934 im Café „La Coupole“ kennenlernt, etwas Neues für sie, in einer Zeit der Gelegenheitsjobs und der Suche, das Leben neu einzurichten. Friedmann weist sie in die Photographie ein, Gerta Pohorylle setzt sich – nun neben ihrer Arbeit als Assistentin in der Agentur „Alliance Photo“ – für Friedmann als Bildagentin ein. Bald arbeiten sie gemeinsam mit der Kamera und legen sich die Pseudonyme Robert Capa und Gerta Taro zu.
Anfang August 1936 sind sie in Spanien und berichten von den republikanischen Stellungen, vom Leben der Bevölkerung. Ihre hautnahen Bilder machen sie schnell bekannt bei der Presse, ihr Mut, in die vordersten Stellungen zu gehen, wird von den republikanischen Kämpfern, die aus aller Welt zusammen gekommen in Spanien gegen die Faschisten kämpfen, bewundert.
Im Kampf um Brunete bei Madrid im Juli 1937 wird Gerta Taro, nachdem sie in der aufreibenden, für die Antifaschisten verlustreichen Schlacht gegen die deutschen Geschwader der „Legion Condor“ alle Filme verschossen hat, die am nächsten Tag nach Paris in die Redaktion von „Ce Soir“ weitergeleitet werden sollen, bei der Rückfahrt von der Front von einem schlingernden Panzer erfaßt und tödlich verwundet.
Else Thalemann, geborene Moosdorf, wurde 1901 in Berlin-Treptow geboren, der Vater Otto Moosdorf betrieb dort eine Firma für medizinische Apparate und sanitäre Geräte, speziell erfand er die „Wellenbadeschaukel“. Thalemann begann um 1927 in einem Atelier in der Leipziger Straße, der Gegend der konventionell gediegenen Photo-Ateliers das photographische Handwerk zu erlernen, wenn auch nicht anzunehmen ist, daß sie hier eine dreijährige Lehre absolviert hat. Von Anfang bis Mitte der dreißiger Jahre hat sie von ihrer Wohnung in Berlin-Wilmersdorf, in der sie sich auch eine gut ausgestattete Dunkelkammer eingerichtet hatte, aus ihre Atelierarbeit organisierte und unter anderem auch für die Werbung gearbeitet hat.
Ausgewiesen ist Else Thalemann als Pflanzenphotographin durch 112 Aufnahmen in der 1935 erschienenen Publikation „Das Wunder der Pflanze“, die der Biosoph und Schriftsteller Ernst Fuhrmann (1886-1956) veröffentlicht hat.