GRETE CSAKI-COPONY 1893-1990
„Überraschend ist, wie sehr sich das Bild des Frauenschaffens auch auf künstlerischem Gebiet in den letzten dreißig Jahren verändert hat. Als die Bahn frei war, waren plötzlich auch die Begabungen vorhanden. Die äußere Not, der Umschwung in den sozialen Verhältnissen, hat die Frau ins Leben hinausgedrängt, aber es war nicht die äußere Not, die die Künstlerin in ihr geweckt hat. Seelische Wandlungen waren bestimmend. Ein neues Frauengeschlecht hat sich einen neuen Pflichtenkreis geschaffen, neue Lebensideale aufgestellt und seinen Horizont erweitert,“ schreibt 1927 die Kunsthistorikerin Rosa Schapire.
Die Malerin Grete Csaki-Copony wurde 1893 bei Kronstadt (Brasov) in Siebenbürgen (Transilvania) geboren. Sie gehört zu den noch wenig bekannten Künstlerinnen und Künstlern dieser multikulturellen Region, der im erweiterten Europa eine neue Rolle zuwachsen wird. Als Papierfabrikant und späterer Abgeordneter im ungarischen Parlament (Siebenbürgen wurde erst 1920 rumänisch) zählte ihr Vater seinerzeit zur Bildungselite des Landes.
Grete Copony begann ihren künstlerischen Werdegang 1909 in Dresden, ging dann nach München und später nach Berlin, wo die Schule des »Vereins der Berliner Künstlerinnen« zur entscheidenden Stätte der Professionalisierung von Künstlerinnen geworden war. Käthe Kollwitz, Karl Stauffer-Bern, Hans Baluschek, George Mosson, Franz Skarbina etc. waren hier in der Lehre tätig und vertraten die moderne Kunstauffassung der 1898 begründeten Secession. Für Grete Csaki-Copony wird Berlin zum Ort der Entwicklung des eigenen Malstils. Sie genießt hier Freiheit und Unabhängigkeit in der Stadt des künstlerischen Aufbruchs, in der Kaiser Wilhelm II. mit seinem Urteil über die »Rinnsteinkunst« einer Kollwitz und eines Baluschek für anhaltende Debatten in Kunstkreisen gesorgt hatte.
Im Herbst 1924 geht Grete Csaki-Copony für einige Monate nach Paris. Hierher kamen die Künstlerinnen von überall: Sigrid Hjerten aus Schweden, Helene Schjerfbeck aus Finnland, Anna Ancher aus Dänemark, die Russin Marie Vassilieff, Käthe Kollwitz, Paula Modersohn-Becker, Clara Westhoff-Rilke, Ida Gerhardi, Lou Albert-Lasard und Annot aus Deutschland, um nur einige zu nennen, vor allem auch weil sie Aktstudien am lebenden Objekt betreiben durften: in der Schule von Madame Trélat de Lavignes, der Académie Julien, bei Colarossi oder Matisse und der Grande Chaumière, bei Henri Martin,
Puvis de Chavannes, Fernand Léger oder André Lhote. Hier entstehen auch Csaki-Coponys Aktstudien, aber auch ihre Aquarelle von Caféhausszenen, Gärten und Plätzen; hier entsteht auch ihr Selbstportrait mit Zeichenstift und Skizzenblock vor dem Spiegel zum Ausdruck der Selbstbefragung, wie es für die Künstlergeneration, die den Zusammenbruch der gesellschaftlichen Verhältnisse in der Folge des verlorenen Ersten Weltkrieges hautnah erlebt hat, typisch war.
In der zweiten Hälfte der 20er Jahre ist sie häufiger in Berlin, wie u.a. das Gemälde »Am Wannsee« mit den weißen Segelbooten belegt. Vom fotografischen Sehen der Zeit beeinflußt, malt sie ein Paar von hinten, aus nächster Nähe betrachtet: Sie schaut ihn an, er blickt in die Weite der Landschaft – ein Zitat der bekannten Rügen-Landschaften mit Segelbooten von Caspar David Friedrich? Menschen im Verhältnis zueinander und zur Natur sind die Sujets, die Grete Csaki-Copony zeitlebens bewegten.
Grete Csaki-Copony erlebt in diesen Jahren den Höhepunkt ihrer Karriere. Sie nimmt an den Frühjahrsausstellungen des »Vereins der Berliner Künstlerinnen« und an verschiedenen thematischen Ausstellungen teil: »Die schaffende Frau in der Bildenden Kunst« (1927), »Die Frau von heute« (1929), »Das Kind« (1930), »Die gestaltende Frau« (1930). 1931 präsentiert der Verein Csaki-Copony zusammen mit der Malerkollegin Annot.
Für immer prägend blieben für sie vor allem die Studien in Arthur Segals Berliner Kunstschule, wo sie zwischen 1929 und 1932 immer wieder hinging: der »einzige(r) Unterricht, wo ich wirklich was gelernt habe. Vor allem allerstrengstes Naturstudium«, erinnert sich die Malerin im Alter.
1934 zieht sie mit der Familie nach Stuttgart, wo sie nie heimisch wird. Weil ihre Bilder als »entartet« gelten, zieht sie sich aus dem Kunstbetrieb ganz zurück. In Griechenland, wo sie von 1954 – 62 ansässig ist, gewinnt sie ihren Arbeitsantrieb zurück, malt die mediterrane Landschaft und wieder Menschen - bis zu ihrem Tode 1990 in Berlin.
Biografie
Künstlerinnen:Übersicht
Künstlerinnen: A - E
Eröffnung
Mittwoch, 30. November 2005 | 19 Uhr
Es sprechen
George Pascu, Rumänisches Kulturinstitut
Grußwort
Gisela Breitling, Das Verborgene Museum
Grete Csaki-Copony: “Entdeckungsreisen ins Herz der Moderne“
LAUFZEIT
01. Dezember 2005 – 26. Februar 2006
geschlossen 22. Dez. 2005 - 04. Jan. 2006
ÖFFNUNGSZEITEN
Donnerstag, Freitag 15 - 19 Uhr
Samstag, Sonntag 12 - 16 Uhr
Das Museum ist nur zu den angeführten Zeiten während der Laufzeit geöffnet.
Bücherbazar
08. bis 18. Dezember 2005
Lange Nacht der Museen
28. Januar 2006
STANDORT > ADRESSE
Der Verein DAS VERBORGENE MUSEUM | Dokumentation der Kunst von Frauen eV
hat seine Tätigkeit seit dem 1. Januar 2022 eingestellt.