»Meine Laufbahn als Fotografin begann mit dem Portrait und es blieb mein Hauptaufgabengebiet«, resümierte Annelise Kretschmer rückblickend ihre photographische Tätigkeit 1. Als Annelise Kretschmer Mitte der zwanziger Jahre in die photographische Lehre ging, hatte sich die Portraitphotographie aus den engen Fesseln standardisierter Haltungen befreit. Neue Posen, aufgenommen aus den verschiedensten Perspektiven, eine gewagte Licht- und Schattenverteilung, Ausschnitte und Fragmentierungen eröffneten dem klassischen Sujet ein ungeahntes Formenrepertoire. Kretschmer bevorzugte innerhalb diese Genres die Grundsätze einer gemäßigten Moderne, die im Spiel der photographischen Gesetzmäßigkeiten die Wiedergabe des Menschen nicht aus dem Auge verlor.
Annelise Kretschmer (1903-1987) wuchs wohlbehütet in einer Dortmunder Kaufmannsfamilie auf. Mutter und Vater waren im eigenen, eleganten Konfektionshaus tätig, sie waren kulturell interessiert und führten im Kreise von Künstlerfreunden ein offenes Haus. Die Tochter erhielt eine - für Mädchen damals eher unübliche - gymnasiale Schulausbildung. Neben diesen familiären Voraussetzungen gehörte Annelise Kretschmer zu der Generation von Frauen, die nach dem Ersten Weltkrieg infolge der gesellschaftlichen Umwälzungen in der Weimarer Republik die Spielregeln zur Gestaltung ihrer Lebensverhältnisse selbst bestimmen konnten. Es eröffneten sich ihnen ganz neue Sparten der Berufstätigkeit, darunter auch die verschiedenen Zweige des photographischen Gewerbes. Wie Kretschmer kamen sie häufig aus großbürgerlichem Hause, konnten sich noch gewachsener Privilegien bedienen, vor allem Spielräume bedenkenlos ausprobieren.
Künstlerinnen: Übersicht
Fotografinnen, Journalistinnen, Amateurfotografinnen und fotografierende Krankenschwestern waren zwischen 1914 und 1945 an den beiden Angriffskriegen in Europa sowie am Spanischen Bürgerkrieg mit und ohne Akkreditierung als Kriegskorrespondentinnen beteiligt. Sie haben die Versorgung der Verwundeten im Lazarett, die Betreuung der Soldaten in der Etappe und den Krieg aus nächster Nähe an der Front ebenso wie das Leben zu Hause an der Heimatfront dokumentiert. Sie waren überwiegend gegen Wilhelminismus, Faschismus und Nationalsozialismus eingestellt, aber weiblichen Geschlechts zu sein, bedeutet nicht zwangsläufig Pazifistin zu sein.
Die Österreicherin Alice Schalek beispielsweise war vom Krieg fasziniert. Begeistert hat sie sich als erste akkreditierte Kriegsfotografin bis in die Gebirgszüge am Isonzo 1915-17 unter die Soldaten begeben und sich als Korrespondentin mit dem Wiener Pazifisten Karl Kraus in der Tagespresse aufsehenerregende Wortgefechte geliefert.
In Deutschland hatten Frauen keinen Zugang zu den Schlachtfeldern. Die Mehrheit der bürgerlichen Frauen aber übernahm stolz und freiwillig alle Arbeiten, die zur Versorgung an der Heimatfront notwendig waren. Die Amateurfotografin Käthe Buchler hat sie 1916 als Schaffnerinnen, Briefträgerinnen, Nachtwächterinnen etc. portraitiert und damit zugleich bei öffentlichen Vorträgen auf ihre Weise mobil gemacht.
Der deutsch-lettische Maler Johann Walter-Kurau, der ab 1906 in Dresden und von 1917 bis 1932 in Berlin eine Malschule geführt hat, war bei den Malerinnen besonders beliebt, weil er sie auf dem schwierigen Weg der Professionalisierung unterstützt hat. Noch waren sie auf den teuren, privaten Kunstunterricht angewiesen, weil der Zugang zu den Kunst-Akademien für Frauen in Deutschland bis zur Gründung der Weimarer Republik 1919 verschlossen war. Die Studenten konnten an Wettbewerben teilnehmen, Stipendien beantragen, Studienaufenthalte im Ausland wahrnehmen und sich um Auszeichnungen bewerben. Diese Chancen hatten die Studentinnen der privaten Malschulen nicht. Sie waren auf finanzielle Unterstützung der Eltern, auf Erbschaften oder auf Nebentätigkeiten wie das erniedrigende Modellstehen angewiesen.
Neben Landschaften und Portraits von Else Lohmann (1897-1984), Minna Köhler-Roeber (1883-1957), Ilse Heller-Lazard (1884-1934), Elisabeth von Schulz (1884-1968) und Bettina Encke von Arnim (1895-1971), die alle für eine bestimmte Zeit bei Johann Walter-Kurau in Dresden bzw. in Berlin studiert haben, werden Gemälde von Käthe Loewenthal (1878-1942), Augusta von Zitzewitz (1880-1960), Else Hertzer (1884-1978), Martel Schwichtenberg (1896-1945), Grethe Jürgens (1899-1981) u.a. gezeigt
Künstlerinnen der Ausstellung
Lou Albert-Lasard, Grete Csaki-Copony, Bettina Encke, von Arnim, Jacoba van Heemskerck, Ilse Heller-Lazard, Else Hertzer Grethe Jürgens, Minna Köhler-Roeber, Lotte Laserstein, Lou Loeber, Käthe Loewenthal, Else Lohmann, Elfriede Lohse-Wächtler, Gertraud Rostosky, Elisabeth von Schulz, Martel Schwichtenberg, Suzanne Valadon, Marie Vassilieff, Augusta von Zitzewitz
Die Ausstellung »Künstlerinnen im Dialog« ist als Zwiegespräch in Bildern Europäischer Künstlerinnen der um 1900 geborenen Generation angelegt: Köpfe, Akte, Stillleben, Landschaften und Portraits von Lotte Laserstein, Käthe Loewenthal, Ilse Heller-Lazard, Else Lohmann, Jacoba van Heemskerck, Alice Lex-Nerlinger, Gerda Rotermund, Eva Besnyö, Florence Henri, Natalja Gontscharowa und vielen mehr, die überwiegend den künstlerischen Positionen der Moderne nach dem Ersten Weltkrieg zuzurechnen sind.
»Künstlerinnen im Dialog« findet in diesem Frühjahr zum dritten Mal statt und ist ein Ergebnis der Lebens-, Berufs- und Werkerzählungen vieler Künstlerinnen, die Das Verborgene Museum während der letzten Jahrzehnte erstmals bekannt gemacht hat.
Im Zentrum der Ausstellung stehen zwei Werke aus den 1920er-Jahren: Das expressionistische »Stillleben mit japanischer Puppe« (ca. 1925) von Martel Schwichtenberg (1896–1945) und das konstruktivistische »Stillleben mit Tassen« (1928) von Lou Loeber (1894–1983).
LOU ALBERT-LASARD 1885-1969 , URSULA ARNOLD 1929-2012,
ANNA-EVA BERGMAN 1909-1987, EVA BESNYÖ 1910-2003,
DOROTHY BOHM 1924, MARIANNE BRESLAUER 1909-2001,
GERDA BÜTOW 1907-1977, GRETE CSAKI-COPONY 1893-1990,
KATE DIEHN - BITT 1900-1978, NATALJA GONTSCHAROWA 1881-1962,
JACOBA VAN HEEMSKERCK 1876-1923, MARTA HEGEMANN 1894-1970,
ILSE HELLER - LAZARD 1884-1934, FLORENCE HENRI 1893-1982,
ELSE HERTZER 1884-1978, NINI & CARRY HESS 1884-1942 / 1889-1957,
BEPPE KESSLER 1952, MARGARETE KOCH-NEUBERT 1896-1974,
LOTTE LASERSTEIN 1898-1993, ALICE LEX-NERLINGER 1894-1979,
LOU LOEBER 1894-1983, KÄTHE LOEWENTHAL 1877-1942,
ELSE LOHMANN 1897-1984, LIDY von LÜTTWITZ 1902-1996,
JEANNE MAMMEN 1896-1976, JEANNE MANDELLO 1907-2003,
ELSE MEIDNER 1901-1987, GRETE POPPER 1897-1976,
OTTILIE REYLAENDER 1882-1965, GERDA ROTERMUND 1902-1982,
THEA SCHLEUSNER 1879-1964, MARTHA SCHRAG 1870-1957,
ELISABETH VON SCHULZ 1884-1965, MARTEL SCHWICHTENBERG
1896-1945, LOUISE STOMPS 1900-1988,
AUGUSTA VON ZITZEWITZ 1880-1960
Biografien
Lotte Laserstein, Eva Besnyö, Ilse Heller-Lazard, Jeanne Mandello,
Florence Henri, Ursula Arnold Anna-Eva Bergman, Jacoba van Heemskerck,
Lou Loeber, Else Lohmann, Else Meidner, Alice Lex-Nerlinger,
Ottilie Reylaender-Böhme, Thea Schleusner, Martha Schrag,
Elisabeth von Schulz, Martel Schwichtenberg, Augusta von Zitzewitz
EinzelAusstellungen
Lotte Laserstein, Eva Besnyö, Ilse Heller-Lazard, Jeanne Mandello,
Alice Lex-Nerlinger
Die Bilderschau »Künstlerinnen im Dialog« zeigt ca. 70 Exponate von 25 Malerinnen und Fotografinnen zum Thema »Landschaft und Gesicht«. Das dialogisch angelegte Ausstellungskonzept macht es möglich, Werke von Künstlerinnen des Verborgenen Museums, u.a. von Ursula Arnold, Eva Besnyö, Lotte Jacobi, Ilse Heller-Lazard, Lotte Laserstein, Käthe Loewenthal, Else Lohmann, Gerda Rotermund und Yva unter thematischen, stilistischen, zeitgeschichtlichen oder medialen Aspekten zu kontrastieren. Gemälde und Fotografien von Landschaften und Gesichtern werden seriell, zu Bildpaaren gruppiert oder auch als singuläre Einzelstücke präsentiert.
Dabei stehen zwei Gemälde, beide zum ersten Mal in Berlin zu sehen, im Focus der Präsentation:
der »Weiblicher Kopf in Grün«, um 1913, von Ilse Heller-Lazard (1883-1932) und das Sitzbildnis einer jungen, modisch gekleideten Südeuropäerin, die »Spanische Frau« 1931, von Lotte Laserstein (1898-1993).
Die Wirkung des »Weiblichen Kopfes in Grün« – eine Gesichtslandschaft par excellence - lebt von der für den Expressionismus typischen Dominanz der Farbe über die Form. Ilse Heller-Lazard hat sich in Dresden von der Kunst der französischen Fauves und der Brücke-Maler inspirieren lassen und zwischen 1911 und 1915 im Unterricht bei dem deutsch-lettischen Maler Johann Walter-Kurau (1869-1932) die Palette der expressionistischen Farbarchitektur erlernt. Hier arbeitete sie vielfach mit der Farbe Grün, dem Farbton sommerlicher Gestimmtheit; dem »Grünen Kopf« mit den niedergeschlagenen Augen aber gab sie durch intensives Schwarz einen kontrastierenden Farbklang.
URSULA ARNOLD, CHARLOTTE BEREND-CORINTH, EVA BESNYÖ,
DOROTHY BOHM, MARIANNE BRESLAUER, GRETE CSAKI-COPONY, RUTH HALLENSLEBEN,
ILSE HELLER-LAZARD, JACOBA VAN HEEMSKERCK, LOTTE JACOBI, MINNA KÖHLER-ROEBER,
GERMAINE KRULL, LOTTE LASERSTEIN, KÄTHE LOEWENTHAL, ELSE LOHMANN, KATHARINA MALOUF,
ELLI MARCUS, FRIEDA RIESS, GERDA ROTERMUND, ELISABETH VON SCHULZ, EDMA STAGE,
CAMI STONE, YVA
Mit der Ausstellung „Künstlerinnen im Dialog“ widmet sich Das Verborgene Museum den Künstlerinnen, auf deren vergessene Lebenswerke es in den vergangenen Jahrzehnten aufmerksam gemacht hat. Fotografien von Dorothy Bohm und Gertrud Arndt, Frieda Riess und Lotte Jacobi sind in der Ausstellung neben einander zu sehen; Gemälde, Zeichnungen, Gouachen und Grafiken der Malerinnen Lotte Laserstein, Lou Albert-Lasard, Käthe Loewenthal, Ilse Heller-Lazard treffen aufeinander und die Skulpturen der Freundinnen Lidy von Lüttwitz und Louise Stomps erweitern das Spektrum der Schau um bildhauerische Arbeiten.
Im Rückgriff auf die Einzelausstellungen im Das Verborgenen Museum ist eine Auswahl von Arbeiten in einen Dialog untereinander gestellt und damit zugleich in einem neuen Licht zu sehen.
Seit 1987 zeigt Das Verborgene Museum in Vergessenheit geratene Lebenswerke und Lebensgeschichten von Künstlerinnen – meist zum ersten Mal nach dem Zweiten Weltkrieg.
Mit der Ausstellung wird jetzt der Blick auf thematischmotivische Ähnlichkeiten, auf stilistische Verwandtschaften und auf die Vergleichbarkeit der Lebenswerke und Arbeitsbiografien gelenkt. Im Nebeneinander entsteht ein facettenreiches Bild der um 1900 geborenen Künstlerinnen, die bedingt durch politische Restriktionen, durch Verfolgung und Emigration oder aber auch durch privat durchlebte Abhängigkeiten sowie durch selbst gewählte Beschränkungen einen ganz eigenen Künstlerinnentypus erkennbar werden lassen: Als Töchter – häufig assimiliert jüdischer Herkunft – haben sie überwiegend eine bürgerliche Erziehung und Ausbildung erfahren. Wie Lotte Jacobi, Eva Besnyö, Lotte Laserstein, Ilse Heller-Lazard, Käthe Loewenthal, Marianne Breslauer und viele andere haben sie den Aufbruch der Moderne in den Künsten nach dem Ersten Weltkrieg zu einer selbstbewussten Karriere genutzt.
Künstlerinnen der Ausstellung:
LOU ALBERT-LASARD, GERTRUD ARNDT, URSULA ARNOLD, CHARLOTTE BEREND-CORINTH, EVA BESNYÖ, DOROTHY BOHM MARIANNE BRESLAUER, SUSE BYK, GRETE CSAKI-COPONY, NATALJA GONTSCHAROWA, ILSE HELLER-LAZARD, LOTTE JACOBI LOTTE LASERSTEIN, ELFRIEDE LAUCKNER-THUM, ALICE LEX-NERLINGER, VERENA LOEWENSBERG,
KÄTHE LOEWENTHAL, ELSE LOHMANN, LIDY VON LÜTTWITZ, KATHARINA MALOUF, FRIEDA RIESS, GERDA ROTERMUND,
LOUISE STOMPS, YVA
DAS VERBORGENE MUSEUM
zeigt zum ersten Mal seit 1931 in Deutschland eine Einzelausstellung
der gebürtigen deutschen Malerin LOTTE LASERSTEIN (1898-1993) mit einer Auswahl von120 Werken und zahlreichen Dokumenten.
Die Berliner Jahre, ihre innovativste Schaffenszeit, bilden den Schwerpunkt in der Ausstellung. Es werden überwiegend Gemälde der Jahre 1923 bis 1935 zu sehen sein: Leihgaben aus Museen und Privatsammlungen aus Großbritannien, den USA, Schweden, Norwegen, Frankreich und Deutschland.
Die Malerin, hierzulande völlig in Vergessenheit geraten, hat in den 1920er und 1930er Jahren in Berlin ihre wichtigsten Bilder gemalt, nachdem sie 1927 als eine der ersten Frauen die Berliner Kunst-Akademie – mit Auszeichnung – absolviert hat.
Laserstein führt ab 1927 im eigenen Atelier eine private Malschule. Sie beteiligt sich an zahlreichen Ausstellungen und nimmt erfolgreich an Wettbewerben teil, beispielsweise an dem von der Kosmetikfirma Elida veranstalteten: „Das schönste deutsche Frauenporträt 1928“. 1929 wird sie Mitglied im Verein der Berliner Künstlerinnen und ist aktiv im Vereinsleben tätig. Die renommierte Galerie Gurlitt zeigt 1931 eine Einzelausstellung.
Lotte Laserstein reüssiert besonders mit Bildnissen, die bereits damals ihre bevorzugten Themen verraten: die fremdländischen Gesichter in Nahsicht – wie sie damals auch in der Fotografie beliebt waren, Menschen in ungewohnter Haltung oder auch Gruppen in verhaltenem Einklang und sie malt Typen der Zeit: modische Großstädterinnen im Café, einen Motorradfahrer in voller Montur, sportliche Tennisspielerinnen, sich schminkende Mädchen und in den Portraits ihres Lieblingsmodells Traute Rose befragt die Malerin immer wieder vor allem das Bild der Neuen Frau. Besonders ihr Modell Traute Rose inspirierte sie zu einigen ihrer besten Bilder, darunter die subtilen Malerin-Modell-Darstellungen und die weiblichen Akte. In zahlreichen Selbstportraits sowie den Malerin-Modell-Darstellungen weist Laserstein selbstbewusst auf ihre Profession als Malerin hin.
Gerda Leo, 1909 in Hagen geboren, kommt früh mit der Photographie in Berührung. Der Vater, ein Rechtsanwalt, photographiert selbst und hat eine eigene Dunkelkammer. Nach seinem Tod 1922 erbt sie seine 9 x 12 cm Balgenkamera, mit der sie kontinuierlich seit 1926 Aufnahmen macht. Die Mutter Margarete Leo zieht 1922 mit den drei Töchtern in ihre Heimatstadt Halle an der Saale. Gerda Leo, die nicht studieren will, besucht vom Wintersemester 1925/26 an die dortige Kunstgewerbeschule Burg Giebichenstein, die wie das „Bauhaus“ neue Gestaltungsmittel sucht und die praktische Arbeit in den Unterricht einbezieht. Malerei bei Erwin Hahs, Emaille bei Lili Schultz und Photographie bei Hans Finsler sind ihre Stationen an der „Burg“. In der 1927 von Finsler begründeten ersten Photoklasse in einer Kunstgewerbeschule ist Gerda Leo von 1928-1930 Schülerin und anschließend bis 1932 Assistentin von Finsler.
Es ist anzunehmen, daß ihre Arbeiten in der Klasse herausragen, denn 1929 wählt Hans Finsler vier Aufnahmen von ihr für die legendäre internationale Ausstellung „Film und Foto“ des Deutschen Werkbundes in Stuttgart aus.
Finslers Unterricht scheint auch im Werk von Gerda Leo auf. Seine „Optische Grammatik“, die die theoretischen und praktischen Unterweisungen in der Klasse bilden, bestimmt die Frage nach dem Photographieren der Dinge: Reihungen, Verzerrungen, Kontraste, Ausschnitte, ungewöhnliche Perspektiven.
Doch die Strenge analytischen Sichtbarmachens und das kleinteilige Arrangieren der Objekte, wie auch das Aufzeigen der Materialbeschaffenheit, dies war nicht Gerda Leos Hauptinteresse. Sie photographiert gern in der Natur, nutzt natürliches Licht für Hell/Dunkel Kontraste, löst die Dinge nicht aus ihrer Umgebung, sondern versucht durch ihren Blickwinkel ein Geheimnis zu entdecken oder zu bewahren.
Alice Lex-Nerlinger gehörte mit Hannah Höch, Lea und Hans Grundig, John Heartfield, den Kölner Progressiven und Oskar Nerlinger zur künstlerisch-politischen Avantgarde der Weimarer Republik.
Ihr persönliches Erleben des Ersten Weltkriegs und das künstlerische Experimentierfeld im Berlin der 1920er-Jahre waren der Fundus, aus dem Alice Lex-Nerlinger die Themen ihrer künstlerisch-dialektischen Arbeiten geschöpft hat: Helden- contra Soldatentod, Snob und Kriegskrüppel, Dame und Proletarierin, Mensch und Maschine, Kapital und Arbeit, Staat und Zensur und nicht zuletzt der frauenverachtende § 218, der Abtreibung damals unter Gefängnisstrafe gestellt hat. Entsprechend lauten die Titel ihrer Bilder: »Feldgrau schafft Dividende«, »Für den Profit«, »Arbeiten, Arbeiten, Arbeiten«, »Arm und Reich«, »Zensur« und »Paragraph 218«.
Ausstellung Künstlerinnen im Dialog
„… wär‘ ich ein Mann und könnte da reden, wie mir es im Herzen redet nach außen hin, reden zu den Menschen: – im kleinen Kreise, am runden Tisch wie zu allem Volk von hoher Warte aus, – ohne weibliche Gebundenheit …“ schreibt Käthe Loewenthal im Juni 1909, als sie schon vier Jahre in München als freischaffende Malerin tätig ist und sich wünscht als Frau und Künstlerin in der Öffentlichkeit neben ihren Malerkollegen gleichberechtigt respektiert und akzeptiert zu werden.
Käthe Loewenthal wurde 1877 in Berlin geboren und sehr früh schon hat sie ihr Leben in die eigenen Hände genommen. Das freigeistige, nicht mehr dem jüdischen Glauben verpflichtete Familienleben gestattete der gerade zwölfjährigen in der Schweiz bei protestantischen Freunden zu bleiben, während die Eltern und Geschwister nach zweijährigem Aufenthalt in Bern nach Berlin zurückkehrten. Sehr früh schon zeigt sich ihr Talent zur Malerei, so daß sie sich 1895 mit Schulabschluß entscheidet bei dem Schweizer Maler Ferdinand Hodler zu studieren, der am Ende des Jahrhunderts sich vom Naturalismus abwendend eine stark symbolhafte Farb- und Formsprache in seiner Malerei zu entwickeln suchte.
Seit ihrer Studienzeit in der Schweiz kehren in den Arbeiten von Käthe Loewenthal die Berglandschaften immer wieder und das bleibt auch weiterhin so, seit sie von 1912 ab regelmäßig die Sommermonate über auf der Insel Hiddensee verbringt und von nun an auch das Meer, die Steilküste und die Fischerboote zum gleichgewichtigen Sujet ihrer Malerei werden
Noch nicht neunzehnjährig ging Jeanne Mandello 1926 nach Berlin, um an der Photographischen
Lehranstalt des Lette - Vereins die zweijährige Ausbildung zur Fotografin zu machen. Sie schloss die Gesellenprüfung vor der Handwerkskammer mit »sehr gut« ab. Während eines Praktikums bei dem Leica - Pionier, Dr. Paul Wolff, machte sie Erfahrungen im Fotojournalismus.
Sie eröffnete 1929 ein eigenes Atelier in Frankfurt, erhielt Portraitaufträge, machte Aufnahmen für die Presse und lernte den an Fotografie interessierten, jungen Arno Grünebaum an. Nachdem sie geheiratet hatten und ihnen die Übergriffe der Nationalsozialisten auf jüdische Einrichtungen zu gefährlich wurden, flüchteten sie im Januar 1934 nach Paris. Hier erlebte Mandello eine kaum erträumte Karriere als Modefotografin im Auftrag der Modehäuser Balanciaga, Mainbocher, Maggy Rouff, Chanel, um nur einige zu nennen.
Die Begegnung zwischen Inge Morath und dem Kriegsfotografen Robert Capa im Juli 1949 in der Pariser Foto-Agentur »Magnum« hat die Weichen für das weitere Leben der damals 26jährigen österreichischen Journalistin gestellt. Noch sollte es Jahre dauern, bis Inge Morath mit der Leica so vertraut war, dass sie 1953 bei Magnum als Fotografin anfing und 1956 als Vollmitglied geführt wurde.
1923 in Graz geboren, war Inge Morath durch den berufsbedingt häufigen Ortswechsel der Eltern in Europa von Jugend an gewohnt, sich auf Menschen und deren Sprachen einzustellen. Ihre besondere Begabung erleichterte ihr später als Foto-Reporterin ein schnelles Erlernen von fremden Sprachen in immer neuen Regionen der Welt.
An ihre Oberschulausbildung in Berlin, die in die ersten Jahre des Nationalsozialismus fiel, schloss sich der “Reichsarbeitsdienst“ an, bevor sie zum Studium der Romanistik an der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität zugelassen wurde. Danach wurde sie zur Arbeit in einem waffenproduzierenden Betrieb in Berlin-Tempelhof gezwungen. Nur durch ihren Mut, einen Bombenangriff zur Flucht zu nutzen, hat sie sich nach Salzburg zu den Eltern retten können.
Hanna Nagel (1907 - 1975) nimmt im Oktober 1925 an der Badischen Landeskunstschule in Karlsruhe ihr Kunststudium auf. Ihre Eltern, der Großkaufmann Johannes Nagel und seine Gattin, Bertha Nuß, die vor ihrer Ehe als Lehrerin tätig war, haben die Begabung der Tochter frühzeitig erkannt und unterstützen die Achtzehnjährige bei ihrem Wunsch Malerin zu werden.
Seit dem Wintersemester 1919 waren auch Frauen an der Karlsruher Akademie zugelassen - Ergebnis eines langen-dauernden Protestes von Seiten der Künstlerinnen. Mitte der 1920er Jahre erwarb sich die Badische Landeskunstschule überregional, vor allem mit Künstlern der jüngeren Generation, wie Karl Hubbuch, Wilhelm Schnarrenberger und Georg Scholz, die hier als Lehrer unterrichteten, den Ruf eines Zentrums der Malerei der Neuen Sachlichkeit und des Verismus. Im Sommer 1925 waren sie auf der legendären Ausstellung des Dr. Gustav Hartlaub in der Mannheimer Kunsthalle vertreten, die der ganzen Richtung den Namen gab: »Neue Sachlichkeit«. Die einen, wie George Grosz und Karl Hubbuch, propagierten die Politisierung der Kunst, die anderen, wie Anton Räderscheidt und Alexander Kanoldt, suchten eher nach »seelischen Ausdrucksmöglichkeiten« des Menschen, nach innerer Einkehr infolge von Krieg und Wirtschaftskrisen.
Nüchternheit und Abkehr von Sentimentalität jedenfalls kennzeichnet die Bildwelten dieser Generation und »nur in der Faszination durch den Rhythmus der modernen Metropolen, in der häufigen Fixierung an großstädtische Vorwürfe blieb man dem Expressionismus nahe.« (Wieland Schmied 1986)
INFO
Kataloge des Verborgenen Museums können während der Öffnunszeiten an der Museumskasse gekauft werden.
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