ILSE HELLER-LAZARD
DER AUFTRAG DER FARBE
Erst neuerdings wurde das in Schweizer Privatbesitz befindliche, künstlerische Werk der jüdischen Malerin ILSE HELLER-LAZARD (1884-1934) gesichtet. Sie gehört - wie ihre Schwester Lou Albert-Lasard (1885 - 1969) - zu den wenigen Künstlerinnen im westlichen Europa, denen es - neben den bekannten wie Alice Bailly, Sophie Taeuber-Arp und Clara von Rappard in der Schweiz, Paula Modersohn-Becker, Clara Rilke-Westhoff, Käthe Kollwitz in Deutschland, aus dem Kreis des Blauen Reiter Gabriele Münter und Marianne Werefkin, in Frankreich Marie Laurencin, Suzanne Valladon und Berthe Morisot - gelungen ist, sich eine Ausbildung zu verschaffen.
ILSE HELLER-LAZARD wurde 1884 im deutsch-lothringischen Metz geboren. Erste Tochter des angesehenen und wohlhabenden Bankiers Leopold Lazard (1843 - 1927) und seiner deutsch-amerikanischen Frau Jenny Stein (1861 - 1909), wuchs sie in großbürgerlich-jüdischen Verhältnissen auf; 1885 wurde ihre Schwester Louise, genannt Lou, geboren.
Beiden Schwestern gelang es, ihren Wunsch Malerin zu werden gegenüber den Eltern durchzusetzen. Neben Unterweisung in Hauswirtschaft nahmen sie von 1904 bis 1906 in der Kunststadt München ersten Unterricht im Malen.
Die entscheidenden Jahre ihrer Ausbildung absolviert Ilse Heller-Lazard in Dresden, wo sie im Kreise junger Kolleginnen Unterricht bei dem deutsch-lettischen Maler Johann Walter-Kurau (1869 - 1932) nimmt, bei dem auch Else Lohmann, die spätere Bauhäuslerin Margarete Schall, Luise Grimm und v.a. das Handwerk lernten. Walter-Kurau war in Form- und Farbauffassung stark von den "Brücke"-Künstlern geprägt.
Bei den Künstlerinnen war er als Lehrer besonders beliebt, weil er sie - die damals noch keine Akademie besuchen durften - motivierte und ermutigte, den schwierigen Weg einer Berufsmalerin zu gehen.
1914 setzt ILSE HELLER-LAZARD ihr Studium in Berlin bei Lovis Corinth und an der angesehenen Lewin-Funcke Schule fort, wo sie dem zehn Jahre jüngeren Schweizer Bildhauer Ernst Heller (1895 - 1972) begegnet. Auch in ihm hatte sie jemanden gefunden, der ihre Ambitionen als Malerin unterstützt.
Sie nimmt 1916 an der Juryfreien Berliner Kunstausstellung teil und beteiligt sich 1919 an einer Ausstellung im Kunsthaus Zürich, was einen entscheidenden Schritt in die öffentliche Wahrnehmung bedeutete. Mit Ernst Heller verbindet Lazard ein kompliziertes Liebesverhältnis, das 1918 zu einer dieser von Eifersucht, Angst und Konkurrenz gezeichneten Künstler-Ehen führte. Das Paar nimmt Wohnsitz und Atelier im schweizerischen Eglisau, wo eine Anzahl interessanter Landschaftsbilder entstehen.
Von der Schweiz aus führte es das Künstlerpaar auf den Spuren der klassischen Kunst in den mediterranen Süden, nach Rom, wo sie Inspiration suchen wie vor ihnen schon Generationen von Künstlerinnen und Künstlern.
1927 kann sich ILSE HELLER-LAZARD durch eine Erbschaft den Traum erfüllen, in Paris ein Atelier einzurichten und wie ihre Schwester Lou, die Rilke-Freundin, die Atmosphäre der Künstlerbohème zu atmen. Unerschöpfliche Anregung für alle Sinne bedeuteten die Salons, die Galerien und Museen und die Künstlerfeste; hier erlebt die Malerin das großstädtische Flair im Kontrast zur Welt der Natur in der Schweiz. Ilse Heller-Lazards Landschaften können - im Gegensatz zu den dunklen Naturphantasien eines Emil Nolde - der lichten Variante des Expressionismus zugerechnet werden.
Ihre Bilder entfalten ihren Reiz aus der vom Gegenstand gelösten Farbgebung und dem Charme der mediterranen Motivwelten.Die für den Expressionismus typische Dominanz der Farbe über die Form macht die Modernität ihrer Malerei aus und verleiht ihren Gemälden bis heute ungebrochene Attraktivität.
ILSE HELLER-LAZARD hat auf individuelle Weise einen Beitrag zum Kunstgeschehen ihrer Zeit geleistet.
Inzwischen sind von ihr unter anderem ca. 140 Gemälde aus den Jahren zwischen 1911 und 1934 zu Tage getreten. Das Verborgene Museum zeigt eine erste exemplarische Auswahl, die zusammen mit Briefen, Dokumenten und Fotografien ein Künstlerinnenleben vergegenwärtigen, wie es für die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert beispielhaft ist.
Biografie
Ausstellung: Künstlerinnen im Dialog
Eröffnung
Mittwoch, 30. September 2009 | 20 Uhr
Es sprechen
Gisela Breitling
Das Verborgene Museum
Monika Thiemen, Bürgermeisterin
Charlottenburg-Wilmersdorf
Gabriela Eigensatz, Botschaftsrätin
Schweizer Botschaft
Matthias Heller
Kurator der Ausstellung
Laufzeit
1. Oktober 2009 - 31. Januar 2010
ÖFFNUNGSZEITEN
Donnerstag, Freitag 15 - 19 Uhr
Samstag, Sonntag 12 - 16 Uhr
Adresse
DAS VERBORGENE MUSEUM
Schlüterstrasse 70
10625 Berlin-Charlottenburg
verkehrsanbindungen
S5, 7, 75, 9 Savignyplatz
U2 Ernst-Reuter-Platz,
Bus M49, X34, 101 Schlüterstrasse
STADTPLAN
TELEFON
+49 (0) 30 313 36 56
MAILADRESSE
Bildzitate | Ausstellung
FLYER zur Ausstellung
PUBLIKATIONEN
Zur Ausstellung erscheint die erste Monographie
Matthias Heller
ILSE HELLER-LAZARD 1884-1934 - Im Halbschatten der Zeit
Mit einem Werkkatalog der Gemälde und einem Nachwort von Matthias Fischer
Hrsg. von Matthias Heller, Christine Züllig-Heller, Maja Druey-Heller
226 S., 225 farbige und 75 s/w Abb.
Verlag Elfundzehn, Eglisau 2009, vergriffen
Wir danken Matthias Heller und der Erbengemeinschaft Heller Eglisau, Schweiz, für die
Unterstützung bei der Realisierung der Ausstellung.