HOEPFFNER, MARTA
HOEPFFNER, MARTA
1912
2000
Biografie

 

1912 
Am 4. Januar wird Marta Hoepffner in Pirmasens/Pfalz geboren, als zweite Tochter des Inhabers einer Schuhgroßhandlung Karl Hoepffner und seiner Frau Martha, geb. Gronen. Die Mutter war bis zur Heirat Modistin in der mit ihrer Schwester betriebenen Hutwerkstatt.
Mit ihrer Schwester Madeleine (1910-1988) wächst sie auf in dem gutbürgerlichen Haus, Musik und Literatur spielen eine wichtige Rolle, die Mutter fördert das zeichnerische und malerische Talent der Tochter. Die Kunst-Avantgarde kommt ganz direkt durch das verwandtschaftliche Verhältnis der Mutter mit dem Dadaisten Hugo Ball ins Haus. 
Marta besucht das Lyzeum und entwickelt auch Interesse in den naturwissenschaftlichen Fächern. 

1927 
Das Elterliche Geschäft mußte infolge der Inflation aufgegeben werden.
Umzug der Familie nach Frankfurt am Main. Der Vater arbeitet für Salamander. Marta macht die Büroarbeit und Schuh-Entwürfe, Madeleine chauffiert den Vater. 

1929-1933 
Marta Hoepffner besucht die Vorklasse der Kunstgewerbeschule in Offenbach/Main mit Schwerpunkt Zeichnen, es entstehen Naturstudien, Figuren, Portraits, Tierdarstellungen. 
Ab Herbst 1929 Studium der Malerei, Grafik und Fotografie an der Frankfurter Kunstschule/Städelschule bei Prof. Willi Baumeister. 
In den Veranstaltungen des „Bund Das Neue Frankfurt“ werden die abstrakten und surrealistischen Avantgarde-Filme von Hans Richter, Joris Ivens, Oskar Fischinger, Dsiga Wertoff, Germaine Dulac, Jean Cocteau gezeigt. Hier lernt sie die Filmerin und Fotografin Ella Bergmann-Michel (1895-1971) kennen, die gerade ihren Film „Wo wohnen alte Leute“ (1931) fertigstellt und zeigt.
Zu Vorträgen im „Bund“ kommen Alexander Dorner, Alfred Döblin, Ernst May  u.a.
Sie macht Bekanntschaft mit der Malerin Friedel Dehnhardt (1909-2011), mit der sie lebenslang verbunden bleibt.  

1933 
Im März beginnen in Frankfurt die ideologischen Gleichschaltungen der Kunstinstitute. Im April verliert Willi Baumeister seine Dozentur und Marta Hoepffner verläßt daraufhin auch die Kunstschule. 

1934 
Sie eröffnet eine „Werkstätte für künstlerische Fotoaufnahmen“ in der Paul Ehrlich Straße 32 in Frankfurt am Main. 

1934-1936 
Im „Verborgenen“ entstehen erste fotografische Experimente: surrealistische Fotomontagen und -collagen, Kompositionen und Stillleben u.a. 

1935/36 
Tätigkeit beim „Illustrierten Blatt“ der „Frankfurter Zeitung“. Verbindung mit Wilhelm Holbach und Eric Graf Wickenburg. Privates Psychologie-Studium mit Schwerpunkt der Lehre von C.G. Jung und Ernst Kretschmer. 

1937 
Ausnahmezulassung ohne Lehre und Gesellenprüfung zur Meisterprüfung (dabei u.a. erste Farbfotografien mit dem Duxochromverfahren von Herzog).
Zwei Studienaufenthalte in Paris, um moderne Kunst zu erleben. 
Inspiriert durch die Klangwelt moderner Musik etwa von Igor Strawinsky und Manuel de Falla entstehen abstrakte Schwarzweiß-Fotogramme, bei denen selbstentworfene und –gefertigte Schablonen (z.B. Transparentpapiere und Gewebe) Verwendung finden, um durch Rhythmisierung konstruktiver Elemente eine Formidee auszudrücken. 

1937/39 
Reisen zu den Inseln Rügen und Hiddensee, nach Pommern, Tirol, in die Salzburger Berge und in die Vogesen. 
Es entstehen grafisch aufgefasste Landschaftsaufnahmen (1946 in einem Bildband veröffentlicht) sowie ihre „Abstrakten Formen in der Natur“: Strukturaufnahmen von Baumrinden, Spuren im Sand, im Verfall von Holz, Fassaden etc. 
Briefwechsel mit dem Philosophen Ludwig Klages über die Wiederholung rhythmischer Formen in der Natur. 

1938 
Umzug in die Atelierräume Kaiserstraße 11 in Frankfurt. Eröffnung der „Werkstätte für künstlerische Bildnisfotografie“. 

1939 
Ihre Schwester Madeleine übernimmt die Verwaltung und Organisation des Fotostudios. Portraitaufnahmen von Soldaten und auch von Personen des öffentlichen Lebens sichern den Lebensunterhalt. 

1939-1944 
Heimliche Fortführung der fotografischen Experimente und Anwendungen neuer Techniken: Solarisationen, Doppelbelichtungen, Überblendungen und Negativbilder entstehen aus der genauen Funktionskenntnis des Mediums Silbersalz, „Zeichnen“ mit der fotografischen Silberschicht. 
Durch den Mangel an Fotomaterial und Laborbedarf veranlaßt, wendet sie sich auch klassischen Kohle-Zeichnungen zu. Unter Androhung der Schließung ihres Ateliers macht sie auch Fotoreportagen in Rüstungsbetrieben (1943). 
Während der Fliegerangriffe oftmaliger Aufenthalt in Hofheim am Taunus. Als ihr Atelier Kaiserstraße 1944 ausgebombt wird (experimentelle Arbeiten sind bereits ausgelagert, wichtige Negative trägt sie bei sich) findet sie mit Eltern und Schwester in Hofheim Aufnahme in der Familie ihre Schülerin Hilde Faust. 
Ein Atelier kann sie im Nebenraum des Gasthauses „Vier Jahreszeiten“ einrichten, mit Labor im Friseursalon „Freund“. Etwas später eröffnet sie ihr Fotostudio in der Hauptstraße 44 (heute: Kurhausstraße). 

1945/46 
Der Stuttgarter Kreis um Willi Baumeister lebt wieder auf: Ida Kerkovius, Max Ackermann, Heinrich Wildemann, Dr. Domnik, Dr. Hans Hildebrandt. 
In Hofheim am Taunus treffen sich wieder Hanna Bekker vom Rath, Marie-Luise Kaschnitz, Ernst Wilhelm Nay, Karl Schmidt-Rottluff, Ruth und Adolf Arndt. 
Dr. Erich Stenger kauft bei ihr einige Werke (heute Museum Ludwig/Agfa-Historama, Köln). Sie gibt die Bildmappe „Wogende Wellen, Ragende Gipfel“ heraus (1946). 

1947 
Der Bildband „Ausdruck und Gestaltung. Bilderbuch einer Fotografin“ erscheint mit dem Vorwort von Willi Baumeister, allerdings werden ihr gestalteter Titelentwurf und die von Baumeister gewünschte Schrift „futura“ als zu modern vom Verlag abgelehnt. 
Sie wird Mitglied im Deutschen Werkbund. 

1948 
Erste Kunstausstellung in Hofheim in der Pestalozzischule, u.a. Hanna Bekker vom Rath, Friedel Schulz-Dehnhardt, Marta Hoepffner. 
Erste Interferenzbilder in polarisiertem Licht: Fotos von doppeltgelegten durchleuchteten Geweben und flüssigen Schichten bei Zwischenschaltung von Zeiss-Bernotar-Filtern. 
Intensive Beschäftigung mit den aktuellen künstlerischen Strömungen in Malerei und Fotografie. Beiträge für American Photography, Japan Photography, US-Camera, Camera Schweiz, focus Holland, Foto Schweden, Christian Scienece Monitor Boston. 

1949 
Der Frankfurter Kunstverein zeigt eine erste Gesamtschau „Lebendiges Foto. Zeitgenössische Lichtbildkunst“ mit frühen Foto-Experimenten, Foto-Kompositionen, Abstraktformen und Fotogrammen. 
Gründung der „Fotoprivatschule Marta Hoepffner“ mit ihrer Schwester Madeleine in Hofheim am Taunus, Kapellenstraße 4 (die sog. „Villa Werner“ mit Garten, gegenüber des „Blauen Hauses“ von Hanna Bekker vom Rath); ausgerichtet am Lehrprogramm des Bauhauses und der Frankfurter Kunstschule werden fotografische Verfahren und Techniken, im Hinblick auf Bildabstraktion, vermittelt. Ab 1950 finden zweijährige Grundkurse statt, die zur Gesellenprüfung qualifizieren. 
Berufenes Mitglied in der Gesellschaft Deutscher Lichtbildner (GDL), 1967 Austritt. 

Seit 1950 
Reisen nach Mailand, Florenz, Neapel, Ischia. San Angelo (Werner Gilles).

1951 
Austausch mit der Gruppe „fotoform“ und Otto Steinert und Beteiligung an der ersten Ausstellung „subjektive fotografie“ in der Staatlichen Schule für Kunst und Handwerk, Saarbrücken. 

1952 
Die Bildredakteure Wilson Hicks (Life) und Will Conell (US-Camera) besuchen Hoepffners Schule.

1953/54 
Aufenthalte an der französischen Reviera und im Roussillon. 
Bildberichte für Westermanns Monatshefte zu Texten von Kasimir Edschmid und Ernst von Salomon. 

1954 
Erste Farb-Fotoexperimente: Farb-Solarisationen, Farb-Relief-Fotos.

1955 
Beschäftigung mit der Newtonschen Farbenlehre und der Welt der Wellen und Strahlen. Experimente mit Schwarzweiß-Fotogrammen in polarisiertem Licht und abstrakten informellen Bilder, Papiermontagen und Kristallisationen auf Fotopapier oder Resopal. 

1956 
Aufnahme als Fotografikerin in den Bund Bildender Künstler (BBK). 

Ab 1958 
Fast nur noch kameralose Bilder. Farbfotogramme, Collagen aus doppelbrechenden gerissenen, geschnittenen, farblosen Kunststoff-Folien auf Farbfotopapier. 

1959 
Zum 25jährigen Berufsjubiläum und 10jährigen Bestehen der international geschätzten Fotoschule wird in Hofheim mit einer Ausstellung gefeiert. 

1960 
Studienreisen nach Holland, Belgien, Frankreich, Italien, Jugoslawien. 

1962 
Ihre Meisterschülerin Irm Schoffers wird Lehrerin und Teilhaberin an der Schule. Neben vielen Erweiterungen im Unterricht führt sie besonders Experimente mit 8mm und 16mm Filmen ein. 
Hoepffner ist Gründungsmitglied in der Künstlervereinigung „Frei Gruppe Hofheim-Frankfurt“. 

1965 
Erste Lichtkinetik, von Marta Hoepffner „Variochromatische Lichtobjekte“ genannt, die sie 1966 in Berlin und Bad Homburg erstmals ausstellt. 

1967-1971 
Experimente mit Lichtobjekten. 
Einladungen zu internationalen Kinetik-Ausstellungen. 
Berufenes Mitglied des Bundes Freischaffender Fotografen (BFF) 1970. 

1971 
Verlegung von Wohnsitz und „Fotoprivatschule“ gemeinsam mit der Schwester Madeleine Hoepffner und Irm Schoffers nach Kressbronn am Bodensee. 

1972 
Zweites Domizil in Alfaz del Pi, Costa Blanca/Spanien.
Reisen in Spanien, nach Marokko, Ibiza, die Canarischen Inseln, Portugal. 

1975 
Nach dem Jubiläum: 25jähriges Bestehen der Fotoschule 1974 schließt sie im Mai 1975 die Schule endgültig. 
Reisen nach Tunesien, Griechenland, Ägypten. 

1976-2000 
Nur noch freischaffende Tätigkeit und weiterhin Experimente mit Licht, sowie Lichtobjekten zur Sichtbarmachung von Licht-Raum-Zeit-Spannungen. Zahlreiche Ausstellungen und internationale Beteiligungen. Internationale Kontakte in der Fotografie-Szene, u.a. mit Helmut Gernsheim. 

1988 
Ihre Teilhaberin und Vertraute, die Schwester Madeleine Hoepffner stirbt. 

1995 
Das Historische Museum in Frankfurt am Main zeigt die Ausstellung
„Einblick I“ und ehrt drei große Frankfurter Fotografinnen: Ilse Bing, Marta Hoepffner, Abisag Tüllmann. 

1997 
Marta Hoepffner erhält für ihr künstlerisches Lebenswerk den „Maria Sibylla Merian-Preis für bildende Künstlerinnen in Hessen 1996“ vom Land Hessen verliehen. Das Stadtmuseum Hofheim am Taunus ehrt die Künstlerin mit der Retrospektive „Marta Hoepffner . Fotokünstlerin und Pädagogin – Lichtbilder-Bilder des Lichts“.  

1998 
DAS VERBORGENE MUSEUM, Berlin, zeigt die Ausstellung „MARTA HOEPFFNER“ in Zusammenarbeit mit dem Stadtmuseum Hofheim im Taunus. 

2000 
Marta Hoepffner stirbt am 3. April in Lindenberg im Allgäu.  

Künstlerinnen  F-J
Ausstellung 
Publikationen F- J

ERÖFFNUNG
Mittwoch, 20.Mai 1998 | 20 Uhr

Es spricht
Zu Marta Hoepffners Leben und Werk

Prof. Dr. Katharina Sykora
POETIK-TECHNIK. FOTOGRAFIK

LAUFZEIT 
21. Mai 1998 - 05. Juli 1998

ÖFFNUNGSZEITEN
Mi-Fr 15-19 h | Sa-So 12-16 h

STANDORT > ADRESSE  
DAS VERBORGENE MUSEUM
Schlüterstrasse 70
10625 Berlin-Charlottenburg

 

Einladungskarte | zur Ausstellung

Publikation | Katalog liegt in der Ausstellung vor

Lichtbilder – Bilder des Lichts
Marta Hoepffner – Fotokünstlerin und Pädagogin
Hrsg. Eva Scheid, mit Texten von Eva Scheid, Karin Görner, Marian Stein-Steinfeld,
Roswitha Schlecker, Petra Hoffmann
160 S., Farb- und s/w Tafeln,
Stadtmuseum Hofheim am Taunus 1997

Die Ausstellung ist eine Übernahme aus dem
Stadtmuseum Hofheim am Taunus 

Unterstützt von der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur

STANDORT > ADRESSE

Der Verein DAS VERBORGENE MUSEUM | Dokumentation der Kunst von Frauen eV
hat seine Tätigkeit seit dem 1. Januar 2022 eingestellt.


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AKTUELLE Rufnummer
+49 (0) 30 861 34 64


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