23. April 2015 - 18. July 2015

QUO VADIS, MATER ?

Künstlerinnen des Berliner Lyceum-Clubs 1905-1933


Der “Lyzeum Club (sehr schön gelegen an der Potsdamer Brücke), Carlsbad 12-13 

… Ich bin seit 4 Jahren Mitglied dieses Clubs, in dem es von Gräfinnen u. Commerzienrätinnen wimmelt, denen Käthe Kollwitz, ich u. verschiedene andere Malerinnen, Akademikerinnen u. was es sonst an künstlerischen Frauen gibt, bei der Gründung beitraten, da der Sinn des Clubs die  Förderung der geistig schaffenden Frauen ist. In Paris besteht er seit Januar, in London schon sehr lange (seit 1902), die 3 Clubs gehören zusammen – wer Mitglied eines ist, gehört auch zum andern. Bisher ist der Club hier vorwiegend gesellschaftlicher Art gewesen u. die dilettierenden (aller Genres) Gräfinnen etc. schmückten die Wände. Da der Club auch Logierzimmer hat, die man als auswärtiges Mitglied mieten kann, kam ich auf die Idee, mich hier mal einzuquartieren, wo man es ausgezeichnet gut hat. Zufällig war ein kleines Zimmer frei, immerhin 3 mal so gross wie Pariser Logier-Stuben u. dazu all die wunderbaren Clubräume zur Verfügung mit allen Zeitschriften u. Zeitungen der Welt. Essen gut u. preiswürdig u. wenn ich keine Bilder malte, würde ich bald der verzogene Liebling der Gesellschaft sein …“.

So schrieb Ida Gerhardi an den Museumsdirektor Karl Ernst Osthaus nach Hagen am 16. Dezember 1908 aus Berlin. Sie war zum Portraitieren in der Stadt und nutzte die Club-Bequemlichkeiten.   

Der Lyceum-Club sah seine Aufgabe darin, künstlerisch und wissenschaftlich tätigen Frauen ein Forum zu sein, um ihnen Austausch und Öffentlichkeit zu ermöglichen. Es wurden Publikationen und Ausstellungen vermittelt und zu ausländischen Verlegern und Kunsthändlern internationale Kontakte geknüpft.  Mit der Gründung 1905 wurden die Frauenrechtlerin und Sozialpolitikerin Hedwig Heyl und die Gräfin Helene Harrach zu Vorsitzenden gewählt, die Schirmherrschaft übernahm die Königin von Rumänien, Elisabeth Prinzessin zu Wied. Gründerinnen und  Mitstreiterinnen waren die frauenpolitisch- und sozial-engagierten Frauen: Gertrud Bäumer, Helene Lange, Marie-Elisabeth Lüders, Marie Raschke, Alice Salomon, Helene Stöcker, Bertha von Suttner, Agnes von Zahn-Harnack, die Autorin Clara Viebig.  

Der Lyceum-Club organisierte im Jahre 1908 eine erste Internationale Volkskunstausstellung in den Räumen des Kaufhauses Wertheim am Leipziger Platz, die den Club auch in der Öffentlichkeit bekannt gemacht hat.  Große Publizität erhielt er 1912 durch die Ausstellung "Die Frau in Haus und Beruf"" in den Ausstellungshallen am Zoologischen Garten;
Alice Salomon bei der Eröffnung: die Ausstellung stelle unter Beweis, dass die Frauen „großzügige Organisationen in die Wege leiten“ und mit ihrem Talent disponieren und dirigieren. Kunst und Architektur stellte sich in einer gewichtigen Abteilung vor. Zu den im Club vertretenen Künstlerinnen gehörten neben den erwähnten Gerhardi und Kollwitz auch
Dora Hitz, Sabine Lepsius, Clara Siewert und Julie Wolfthorn, die auch in der Berliner Secession aktiv waren, sowie Käthe Münzer-Neumann, Marie Slavona, Augusta von Zitzewitz, die Bildhauerin Milly Steger und die Architektin Emilie Winkelmann u.v.a.

1913 kaufte sich der Club aus erwirtschafteten Mitteln ein eigenes Haus am Lützowplatz, das von Emilie Winkelmann, der erfolgreichen Architektin, umgebaut und mit neuer Fassade versehen wurde.  Das aktive Clubleben gestaltete sich jetzt noch vielseitiger mit Konzerten, Vorträgen, Diskussionen, Ausstellungen, Empfängen.

Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges konzentrierte sich der Lyceum-Club verstärkt auf soziale Unterstützung, engagierte sich in der Kriegshilfe und organisierte den „Nationalen Frauendienst“ mit; der Club betrieb die „Mittelstandsküche“ für Bedürftige aus der ganzen Stadt und half bei der Beschaffung von Notunterkünften.

1928 hatte der Club mehr als tausend Mitglieder, unter ihnen prominente Persönlichkeiten und Künstlerinnen.

Die Machtübergabe an die Nationalsozialisten 1933 hatte für die jüdischen Mitglieder des Lyceum-Clubs dramatische Folgen – viele von ihnen mussten emigrieren oder wurden deportiert und ermordet. In nur wenigen Jahren schwanden die Mitgliederzahlen derart, dass der Club im Januar 1938 nur noch 600 Mitglieder zählte; er musste sich dem Deutschen Frauenwerk angliedern und bestand noch bis 1943.

Am 1. Januar 1956 wurde der Berliner Lyceum-Club unter der Leitung von Johanna von Siemens neu gegründet. An die einstige Blüte konnte jedoch nicht mehr angeknüpft werden. 

Zum 110-jährigen Bestehen im Jahr  2015 präsentiert der Internationale Lyceum-Club Berlin e.V. zum ersten Mal eine Ausstellung mit Künstlerinnen, die im Verein aktiv waren: 50 Werke von 32 Künstlerinnen aus den Bereichen Malerei, Grafik, Fotografie und Bildhauerei. Die Exponate kommen aus privaten Sammlungen und Museen. Mit dem Titel "Quo Vadis, Mater?" nimmt die Schau Bezug auf einen Werktitel  der Künstlerin Dora Hitz, die ihn als Anspielung auf das sich wandelnde Bild der Frau zur Jahrhundertwende verstanden hat: Von der klassischen Rolle der Frau als Mutter und Salondame entwickelt sie sich zur selbstbewussten Teilnehmerin am öffentlichen Leben der Berliner Gesellschaft.

 

Künstlerinnen 
Clara Arnheim, Margarete Bernstein-Landsberg, Margarete Bruch, Elisabeth Büchsel, Marie von Bunsen, Suse Byk, Henriette Deppermann, Ida Gerhardi, Irene Goeschen, Else Hertzer, Dora Hitz, Käthe Kollwitz, Gertrud Landsberger-Sachs, Henriette Lehmann, Sabine Lepsius, Hanna Mehls, Frieda Menshausen-Labriola, Käthe Münzer-Neumann, Marie von Olfers, Cornelia Paczka-Wagner,  Hermione von Preuschen, Sabine Reicke, Emy Rogge, Thea Schleusner, Lene Schneider-Kainer, Ilse Schütze-Schur, Clara Siewert, Maria Slavona, Milly Steger, Betty Wolff, Julie Wolfthorn, Augusta von Zitzewitz 


ERÖFFNUNG

Mittwoch, 22. April 2015 | 19 Uhr

Es sprechen

Dorothea Schöne, Kuratorin
Leiterin des Kunsthaus Dahlem in Berlin

LAUFZEIT

23. April 2015 - 18. Juli 2015


ÖFFNUNGSZEITEN

Donnerstag, Freitag 15 - 19 Uhr
Samstag, Sonntag 12 - 16 Uhr

STANDORT > ADRESSE

Der Verein DAS VERBORGENE MUSEUM | Dokumentation der Kunst von Frauen eV
hat seine Tätigkeit seit dem 1. Januar 2022 eingestellt.

mehr erfahren Sie hier:

AKTUELLE Rufnummer
+49 (0) 30 861 34 64

MAIL >  ADRESSE
 

 

 

Flyer zur Ausstellung

 

Publikation zur Ausstellung
mit zahlreichen Abbildungen und einem Textbeitrag in Deutsch, Englisch und Französisch

 

Logo 

 

Eine Ausstellung des Internationalen Lyceum-Clubs Berlin e.V

Gefördert von der Senatskanzlei Kulturelle Angelegenheiten, Berlin
Künstlerinnenprogramm

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