HILDE HOLGER 1905-2001
„Ihre Tänze sind wunderbare, exotische Miniaturen, filigrane Vignetten, die alles Überflüssige verbannen.“
Rick Takvorian in „Die Kraft des Tanzes“
Die Tanzgeschichte des Zwanzigsten Jahrhunderts weist bahnbrechende Neuerungen auf: Die beiden amerikanischen Tänzerinnen Loie Fuller (seit 1892 in Paris) und Isadora Duncun (erster Auftritt in Europa: London 1899) sind es, die mit ihren freien Solotänzen die Basis für eine Revolutionierung des klassischen Balletttanzes schaffen. Gleichzeitig entwickeln sich reformerische Überlegungen einer Körperkulturbewegung, die ein neues zeitgemäßes Körpergefühl verkünden, das besonders den Frauen ‚Bewegungsfreiheit‘ verschafft, beginnend mit der Befreiung vom Korsett.
Hilde Holger wird 1905 als Kind jüdischer Eltern in Wien geboren. Bereits als sechsjährige darf sie ihre Schwester zur Gesellschaftstanzstunde begleiten.
Nach dem Realgymnasium besucht sie als vierzehnjährige die Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst. Die dort angesiedelte Tanzfakultät wird von Gertrud Bodenwieser, einer der bekanntesten Protagonistinnen des Ausdruckstanzes in Wien, geleitet. Die Schülerinnen und Schüler erhalten hier einen breitgefächerten Unterricht: klassisches Ballett, rhythmische Gymnastik, Improvisation, Klavierspiel und Kunstgeschichte.
Bereits nach dem zweiten Lehrjahr wird Hilde Holger die Assistentin von Gertrud Bodenwieser und wirkt auch in der „Bodenwieser-Gruppe“ mit, die in Wien und weiteren Städten in Europa mit Bodenwieser Choreographien auftritt. 1923 tanzt sie ihren ersten Solo-Abend im Haus der Wiener Secession in Kostümentwürfen, die die russische Bildhauerin Katherine Barjansky entworfen hat.
Hilde Holger gründet 1926 ihre erste Tanzschule, die „Neue Schule für Bewegungskunst“ im Ratibor Palais in Wien. Sie tritt als Solotänzerin auf, choreographiert für die „Hilde Holger Tanzgruppe“ und arbeitet mit einer Kindertanzgruppe.
Der Einmarsch der Nazis 1938 in Österreich bereitet ihrer Arbeit ein Ende, heimliche Versuche, weiter zu unterrichten, kann sie nicht weiter führen. Die lebensbedrohlichen Verhältnisse veranlassen sie Mitte 1939 nach Paris und weiter nach Bombay zu fliehen. Sich als Tänzerin dort durch zusetzen, war in Indien besonders schwer, da Frauen, die in diesem Metier arbeiteten immer noch mit den – in der Vergangenheit auch als Prostituierte bekannten – Tempeltänzerinnen in Verbindung gebracht wurden. Aber sie schafft es unter großen Schwierigkeiten das „Hilde Holger Dance Studio“ aufzubauen.
Nach der Unabhängigkeit Indien 1947 verläßt Hilde Holger mit ihrer Familie – sie hat 1940 einen indischen Arzt geheiratet und inzwischen eine Tochter geboren – das Land und beginnt ihren dritten Lebens- und Arbeitsabschnitt in London.
In Betrachtung der unterschiedlichen Station ihres Lebens resümiert sie: ihre künstlerische Wurzel liege in Wien, Indien erfuhr sie als Inspirationsquelle und in England haben beide zusammen die gültige Ausformung gefunden. Hilde Holgers engagierte Arbeit entfaltet sich in Experimentierfreude, gepaart mit Humanismus und politischem Aktivismus und findet Ausdruck in ihren Choreographien und als Tänzerin; als Tanztheoretikerin und Leiterin ihres Tanz-Studios entwickelt sie in England auch wegweisende Theorien für die Tanztherapie mit körperlich und geistig behinderten Kindern.
DAS VERBORGENE MUSEUM stellt diese in Deutschland noch unbekannte Tänzerin anhand von Kostümentwürfen und Photographien, die von namhaften Künstlerinnen und Künstlern kreiert und photographiert wurden, in der Ausstellung vor, die von Denny Hirschbach 1991 für die Galerie Lysistrata in Bremen eingerichtet wurde
ERÖFFNUNG
19. August 1992 | 19.00 Uhr
LAUFZEIT
20. August 1992 - 04. Oktober 1992
ÖFFNUNGSZEITEN
Do - Fr 15 - 19 Uhr | Sa - So 12 - 16 Uhr
VERANSTALTUNGEN
Sonntag, 6. September 1992 | 11.30 Uhr
MATINEE
SIBYLLE POMORIN, Saxophon, Flöte, Percussion
Eigene Kompositionen
Sonntag, 4. Oktober 1992 | 17 Uhr
DIA-VORTRAG
Prof. Dr. RENATE BERGER
„Moments can change your life“ – Tänzerinnen der 1920er Jahre
Valeska Gert, Rahel Sanzara, Natacha Rambova
Video-Film der in der laufenden Ausstellung gezeigt wird
„Inspirations“ (1979) mit rekonstruierten Tänzen
von HILDE HOLGER
Angelic Prélude / Musik: Giuseppe Torelli
Embrace / Musik: Erik Satie
Apsaras / Musik: Robert Coleridge
Hieronymus Bosch / Musik: Roger Cutts
Hommage to Barbara Hepworth /
Musik: Heitor Villa-Lobos
Mit den Tänzerinnen: Judy Andrew, Lena Gianotta,
Hannah Orgel, Rosemarie Pottell, Verena Pottell,
Sheila Styles, Manuela Thomi und den Tänzern:
Carl Campbell, Wolfgang Stange,
David Warren
Kostüme von Primavera Bomann,
Hilde Holger u.a.
Filmproduktion von Marylin Halford,
unterstützt von The Arts Council of Great Britain
ADRESSE - VERANSTALTUNGSORT
DAS VERBORGENE MUSEUM
Dokumentation der Kunst von Frauen e.V.
Schlüterstr. 70
10625 Berlin-Charlottenburg
Bildzitate | Ausstellung Hilde Holger 1905-2001 | 20.08.1992 - 04.10.1992
Flyer | zur Ausstellung
Publikation „Die Kraft des Tanzes – Hilde Holger . Wien.Bombay.London“
Hrsg. Denny Hirschbach und Rick Takvorian, Zeichen + Spuren, Bremen 1990
AKTUELLE Rufnummer
+49 (0) 30 861 34 64
MAIL>ADRESSE | weiterhin aktuell
berlin@dasverborgenemuseum.de
STANDORT > ADRESSE
DAS VERBORGENE MUSEUM
Dokumentation der Kunst von Frauen eV
hat seine Tätigkeit seit dem 01 Januar 2022 eingestellt.
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Die Ausstellung wurde von Denny Hirschbach
zusammengestellt und erstmals 1991
in der Galerie Lysistrata in Bremen gezeigt.
Wir danken für die gute Zusammenarbeit.